Brandenburg: Das politische Brandenburg 2004: Im Zeichen der Wahl und von Affären.
Die Landtagswahl sorgte, auch wenn SPD und CDU ihre Koalition fortsetzen, für einen unerwarteten politischen Erdrutsch: Denn die CDU, die stärkste politische Kraft werden wollte, landete abgeschlagen auf den 3. Platz.
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Die Landtagswahl sorgte, auch wenn SPD und CDU ihre Koalition fortsetzen, für einen unerwarteten politischen Erdrutsch: Denn die CDU, die stärkste politische Kraft werden wollte, landete abgeschlagen auf den 3. Platz. Für CDU-Landeschef und Innenminister Jörg Schönbohm, der Platzeck als Ministerpräsident ablösen wollte, eine schwere persönliche Niederlage. Aber auch die SPD verlor gegenüber der Landtagswahl 1999 deutlich Stimmen. Nicht zuletzt eine Folge des Anti-Hartz IV-Wahlkampfes der PDS. Dass die SPD dennoch stärkste politische Kraft im Land blieb, ist nach Meinung der Meinungsforscher der Popularität und dem persönlichen Einsatz von Matthias Platzeck zuzuschreiben. Der ging aus seiner ersten Landtagswahl als Spitzenkandidat gestärkt hervor: Selbst sein Herausforderer Jörg Schönbohm bestritt nicht, dass Platzeck im Wahlkampf „an Statur“ gewonnen hat. Anders als Schönbohm stellte sich Platzeck auf den Marktplätzen dem Volkszorn und verteidigte Hartz IV. Eier- und Tomatenwürfe nahm er in Kauf – viele Wähler honorierten es schließlich. Dabei hatte das Jahr für Platzeck gar nicht gut begonnen: Es gab Schlagzeilen wegen des von der Landesregierung im Januar ausgerichteten Empfangs zu seinem 50. Geburtstag. Platzeck bezahlte ihn schließlich selbst. Damit nicht genug, kochte gleich zu Beginn des Jahres die Trennungsgeld-Affäre in der Justiz hoch. Der angesehene Verfassungsgerichts-Präsident Peter Macke trat zurück. Platzeck sprach im Landtag von einer „Vertrauenskrise“: „Das Ansehen der Justiz im Lande ist beschädigt.“ Zugleich rügte er das Anspruchsdenken hoher Justizbeamter. Bei Durchsicht der Akten sei ihm teilweise „die Spucke weggeblieben“. Richtervereinigungen rügten Platzeck, weil er auch Namen genannt hatte. Obwohl der Regierungschef die Klärung der Trennungsgeld-Affäre zur Chefsache machte, dauern die Untersuchungen bis heute an. Der Rechnungshof stellte jüngst fest, dass auch Reisekosten und „Bonusmeilen“ für Vielflieger nicht korrekt abgerechnet wurden. Für Schlagzeilen sorgte auch die Gefängnis-Affäre: Mehrere Wärter sollen in der Justizvollzugsanstalt Brandenburg/Havel einem herzkranken Häftling, der einen Herzinfarkt erlitten, ärztliche Hilfe verweigert und geprügelt haben. Zwar konnten suspendierte Beamte ihren Dienst wieder aufnehmen, doch konnten die Vorwürfe nicht gänzlich ausgeräumt werden. Und zwei hausgemachte Affären fanden ihr unrühmliches Ende: Der parlamentarische Untersuchungsausschuss zur Pleite der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) stellte fest, dass die Landesregierung unter Manfred Stolpe durch dilettantische Begleitung eine Mitverantwortung für das Scheitern des Projektes und damit den Verlust investierter öffentlicher Gelder trage. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam der Untersuchungsausschuss zur Pleite der Landesentwicklungsgesellschaft (LEG). Die vielleicht wichtigste Erkenntnis: Die Politik sollte sich lieber nicht als Unternehmer versuchen. Zum Glück war nicht jeder Vorwurf berechtigt: So gab es im Frühjahr eine Strafanzeige gegen Ex-Bauminister Hartmut Meyer wegen eines lukrativen Beratervertrages mit der Bahn AG. Die Staatsanwaltschaft nahm Ermittlungen auf, die vor ein paar Tagen eingestellt wurden. Warum solche Ermittlungen im Land Brandenburg immer so lange dauern, bleibt ein Geheimnis der hiesigen Staatsanwaltschaften. Ruhe kehrte in Brandenburgs Landespolitik erst nach der Landtagswahl und der Bildung der neuen Regierung aus den alten Partnern SPD und CDU im Herbst ein. Platzeck probierte einen Befreiungsschlag: Er machte seinen Vertrauten Rainer Speer, dem er Durchstehvermögen zutraut, zum Finanzminister – zweifellos der schwierigste Job in der neuen Regierung. Auch Schönbohm probierte so etwas wie einen Befreiungsschlag: Er löste Justizministerin Barbara Richstein, die wegen ihres Vorgehens in der Trennungsgeld-Affäre Teile der Richterschaft und Staatsanwaltschaft gegen sich aufgebracht hatte, durch die Nichtjuristin Beate Blechinger ab. Diese soll für Ruhe sorgen – was ihr bisher durch übervorsichtiges Agieren auch gelungen ist. Und die Fraktionsspitzen von SPD und CDU wurden verjüngt: Günter Baaske und Thomas Lunacek heißen die neuen Hoffnungsträger.
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