Von Bernd Kluge: Das schwimmende Fachwerkhaus
Harald Busse sorgt mit europaweit einmaliger Hausboot-Konstruktion für Aufsehen
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Bad Saarow - Wenn Harald Busse über den Scharmützelsee in Brandenburg schippert, ist ihm die Aufmerksamkeit der Menschen gewiss. Denn auf dem Wasser schwimmt auf den ersten Blick kein Boot, sondern ein schmuckes Fachwerkhäuschen mit spitzem Schilfdach.
„So etwas habe ich noch nie gesehen“, staunt eine Passantin, die am Ufer bei Wendisch Rietz spazieren geht, wo das ungewöhnliche Gefährt von Harald Busse zurzeit vor Anker liegt. Das 12 mal 4,50 Meter große Eigenheim besticht durch klassische Stichbogenfenster mit Blumenkästen, eine Terrasse nebst Strandkorb, eine Einbauküche, eine gemütliche Sofaecke mit Kamin, eine luxuriöse Wellnessdusche und vor allem durch jede Menge Platz.
Busse steht quasi im Wohnzimmer am Steuer, blickt in den seitlichen Rückspiegel und demonstriert, wie wendig sich sein schwimmendes Domizil auf der Stelle drehen kann. „Ich wollte schon seit Jahren ein Boot bauen, um auf dem Wasser meine Ruhe zu haben“, erzählt der Bauingenieur, der seit frühester Jugend tüftelt und ausprobiert.
Für ungestörte Erholung ist seine schwimmende Konstruktion allerdings zu auffällig geworden, wie er selbst zugeben muss. Busse ist bekennender Fan der Fachwerkbauweise. In Petersdorf bei Bad Saarow hat er sich vor wenigen Jahren ein Fachwerkhaus als Wohnsitz gebaut. „Die nächste Steigerung für mich war, so ein Haus zum Schwimmen zu bringen", sagt er stolz.
Verrückte Sachen habe er schon sein Leben lang gemacht, sagt der 54-Jährige, der als selbstständiger Immobilienunternehmer tätig ist.
Tauben- sowie Wassertürme und andere ungewöhnliche Gebäude hat er gekauft, saniert und vermietet. Das auf Pontons schwimmende Fachwerkhaus sei nun „die absolute Krönung“, sagt Busse. Das fünf Meter hohe mobile Eigenheim steckt voll ausgeklügelter Technik, die das Wohnen auf dem Wasser richtig komfortabel macht. Allein 700 Meter Elektrokabel wurden verlegt. Das Spitzdach wurde so konstruiert, dass es sich einklappen lässt, um unter niedrigen Brücken hindurch zu kommen. Zusätzlich gibt es einen Ballasttank, der mit 6000 Litern Wasser gefüllt Tiefgang bringt.
Die Zeichnungen fertigte Busse im vergangenen Jahr an. Als er in diesem Frühjahr aus gesundheitlichen Gründen beruflich etwas kürzertreten musste, begann er mit der Umsetzung. Die Pontons – das Fundament des Fachwerkhauses – lieferte ihm eine Spezialfirma, auch die Elektrik ließ er von Fachleuten einbauen. Den Rest aber meisterte der langjährige Bauleiter gemeinsam mit Bruder, Sohn und „technisch versierten“ Freunden in drei Monaten Bauzeit. Etwa 115 000 Euro und „viel Eigenleistung“ hat der Ingenieur in sein „Traumboot“ investiert.
Seine inzwischen patentierte Bootskonstruktion hat er „Der Vagabund“ genannt. Und der ist als Sportboot amtlich zugelassen, wie sein Schöpfer betont. Ein 35-PS-Motor inklusive zweier Seitenstrahlruder sorgt für die Fortbewegung. Busse machte seit dem Sommer nicht nur den Scharmützelsee unsicher, sondern auch die Gewässer rund um Potsdam. Quer durch Berlin schipperte er ebenfalls schon. Wo er auch hinkam, wurde er von Schaulustigen angesprochen, die gern einmal Urlaub im schwimmenden Fachwerkhaus machen oder so eine Konstruktion gar ihr Eigen nennen wollen.
Vier Personen können nach Auskunft des Tüftlers zwei Wochen lang im „Vagabund“ Ferien machen, ohne zwischendurch anlegen zu müssen.
Dafür sorgen unter anderem ein kleines Wasserwerk, das 1500 Liter Seewasser für die Sanitäranlagen aufbereitet und ein 200-Liter-Benzin-Tank. „Eigentlich wollte ich etwas in Europa Einmaliges haben“, schildert Busse seine ursprüngliche Überlegung.
Bisher ist das wohl auch so. Doch inzwischen überlegt er angesichts der positiven Resonanz, seine Erfindung quasi in Serie zu produzieren. Eine Werkhalle hat er dafür schon angemietet, um demnächst mit den etwas kleineren Versionen seines zwölf Tonnen schweren Hausbootes zu beginnen, die sich später auch außerhalb des Wassers besser transportieren lassen.
Bernd Kluge
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