zum Hauptinhalt

Brandenburg: Das Wunder nicht vergessen

Mühlberg erinnert zum Deichtag an ausgebliebene Katastrophe während der Elbe-Flut 2002

Stand:

Mühlberg - Die Evakuierung von Mühlberg sei für die Menschen damals eine der dramatischsten Erfahrungen gewesen, sagt Pfarrerin Kerstin Höpner-Miech. Im August 2002 war sie in der kleinen Elbe-Stadt an der brandenburgisch-sächsischen Grenze als Notfallseelsorgerin im Einsatz. Sie erinnert sich an eine sehr „tränenreiche Zeit“. Als am 14. August auch in Mühlberg der Katastrophenalarm ausgelöst wurde, mussten rund 2600 Menschen ihre Wohnungen verlassen. Doch während ringsherum die Deiche brachen und die Elbe ganze Dörfer und Städte flutete, rollten die Wassermassen an dem Ort vorbei. Vom Wunder von Mühlberg berichteten damals die Medien.

Bürgermeister Dieter Jähnichen (parteilos) sagt, dass es bei einem Pegelhöchststand von 9,98 Metern „ganz, ganz knapp“ gewesen sei für die Stadt. Zum Vergleich – derzeit stehe das Wasser auf normalem Niveau bei 2,80 Metern. Nur durch die „aufopferungsvolle Beteiligung“ der zahlreichen Helfer, die Sandsäcke auf die Deichkronen schleppten, sei die Gefahr abgewendet worden. Auch Umweltstaatssekretär Dietmar Schulze sagt, dass es vor fünf Jahren in Mühlberg „kurz vorm Überlaufen“ war. Rund 17 Kilometer Deich um die Stadt hielten der Flut jedoch Stand.

Zur Erinnerung an die Ereignisse und daran, dass Mühlberg vor einer großen Katastrophe bewahrt wurde, veranstalten Kirche und Stadt in diesem Jahr bereits zum 5. Mal den Deichtag (18. und 19. August).

Fünf Jahre nach der Elbeflut steht die Veranstaltung unter dem Motto „Liebenswerter Lebensraum Elbe“. Schwerpunkt sei der Klimawandel, sagt Höpner-Miech. Es gehe nicht nur darum, zu erinnern, sondern auch über die Zukunft und die eigene Lebensweise nachzudenken. Geplant sind Fachvorträge, Gespräche, ein ökumenischer Gottesdienst und Musik.

Laut Jähnichen sind mittlerweile alle im Vergleich zu anderen Städten wohl eher kleineren Schäden behoben. Zuerst seien die Schadstellen repariert worden. Dazu zählte unter anderem die Erneuerung einer zwei Kilometer langen Deichanlage, in der sich damals ein 60 Meter langer Riss gebildet hatte. Wäre das Bauwerk an dieser Stelle gebrochen, dann wäre nicht nur Mühlberg den Wassermassen ausgeliefert gewesen.

Bis 2015 sollen alle Deichanlagen fertig gestellt und erneuert sein, sagt Schulze. Dabei gehe es nicht nur um Deichhöhen, sondern auch um die Bauweise. Die Deiche müssten „in sich sicherer“ gemacht werden, beispielsweise mit speziellen Verfüllungen aus Sand-Erde-Mischungen. Ein Kilometer Deich koste etwa eine Million Euro, schätzt er. Rund 50 Millionen Euro seien insgesamt in der Prignitz investiert worden, rund acht Millionen im Bereich Mühlberg.

In Brandenburg sei auch in den kommenden Jahren eher mit Niedrigwasser zu rechnen, sagt Schulze. Dennoch würden auch die Extremwetterlagen zunehmen. Bei neuen Fluten sei das Land zwar gut aufgestellt, doch vor Überraschungen sei es nie gefeit. Jähnichen sagt, eine hundertprozentige Sicherheit gibt es auch bei sanierten Deichen nicht. Doch die großen Ängste aus dem August 2002 scheinen in Mühlberg wieder dem normalen Alltag gewichen. Höpner-Miech sagt, die Flut bewege die Menschen mittlerweile kaum noch. Letztlich habe sich nichts geändert.

Romy Richter

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })