Brandenburg: Dem Chef die Wiesen gemäht?
Der Führung des Wasserverbandes Nuthe wird Untreue und Korruption vorgeworfen
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Neuruppin/Potsdam - Eigentlich sollen sich die Herren um die Seen, Flüsse und Bäche in Potsdam und dem südöstlichen Umland zwischen Kleinmachnow und Jüterbog kümmern. Doch die Staatsanwaltschaft Neuruppin, in Brandenburg für Korruptionsfälle zuständig, glaubt, dass sich die Chefs des „Wasser- und Bodenverbandes Nuthe“ gelegentlich eher um die eigenen Immobilien kümmerten und gezielt Gelder des Kommunen-Verbandes veruntreuten.
Sie wirft der Geschäftsführung und dem Vorstand des Wasser- und Bodenverbandes vor, beim Ankauf von Technik eindeutig überhöhte Preise gezahlt zu haben und beim Verkauf eines Spezialfahrzeuges nur einen Spottpreis verlangt zu haben. Außerdem, so Staatsanwalt Joachim Desens, sollen Arbeiter des Verbandes statt die Gewässer zu reinigen und die Bäche am fließen zu halten, auf den Grundstücken der Verbandsoberen gearbeitet haben.
Gestern früh gegen 9 Uhr durchsuchten Fahnder des Landeskriminalamtes (LKA) Brandenburg in der gesamten Region Büros und Wohnungen. Darunter auch die Geschäftsräume des Bürgermeisters von Nuthetal, Gerhard Ling, der auch Vorsteher des Verbandes ist. Ebenfalls durchsucht wurden die Wohnungen und Büros von Verbandsgeschäftsführer Friedhelm Linse sowie von drei Bauunternehmern in Großbeeren.
Ling und Verbandsgeschäftsführer L. werden zusammen der Untreue beschuldigt. Dem Geschäftsführer werde außerdem „Bestechlichkeit und Bestechung im geschäftlichen Verkehr“ vorgeworfen, so Korruptionsstaatsanwalt Desens.
Besonders L. wird angelastet, er habe sich die Vergabe von Aufträgen von Baufirmen belohnen lassen und auf Verbandskosten sein Haus zumindest teilweise saniert zu haben. So habe eine Firma aus Großbeeren zwar den Auftrag erhalten an einem Wohnhaus, das dem Verband gehört, das Dach zu sanieren. In der Rechnung, die der Verband bezahlte, tauchen laut Staatsanwaltschaft jedoch Arbeiten auf, die von der Baufirma nie an dem Verbandshaus durchgeführt worden sind. „Im Gegenzug für die Auftragsvergabe habe die Baufirma allerdings Arbeiten m Privathaus von Geschäftsführer L. durchgeführt“, so Staatsanwalt Desens. Diese Arbeiten, so der Verdacht, habe L. nicht selbst bezahlt, sondern tauchen in der Rechnung für die Dachsanierung am Verbandshaus auf. Ein zweite Firma habe den Auftrag für Wärmedämmarbeiten an dem verbandseigenen Haus erhalten, aber einen Teil der Arbeiten ebenfalls nicht dort sondern privat bei Geschäftsführer L. geleistet.
Auch seine Ländereien habe sich L. gelegentlich auf Verbandskosten pflegen lassen. So sollen nach Zeugenaussagen zumindest bis zum Jahr 2003 regelmäßig Angestellte des Verbandes während der Arbeitszeit mit verbandseigener Technik die Wiesen von L. gemäht und Zäune gesetzt haben, so die Staatsanwaltschaft. Außerdem hätten die Arbeiter den Einbau eines Gaskessels bei L. vorbereitet.
Nähere Angaben zu den Verwicklungen von Bürgermeister Ling machten die Ermittler gestern nicht. „Aber mindestens in zwei Fällen“, so Staatsanwalt Desens, seien Verbandsarbeiter auch daheim beim Bürgermeister tätig geworden.
Unklar ist den Ermittlern bisher noch eine andere Praktik der Verbandsführung. So soll geklärt werden, warum offensichtlich Gelder des Verbandes beim An- und Verkauf von Technik verschoben worden sind. So hatte der Verband etwa einen Mercedes Unimog erst für 9 000 Euro reparieren lassen und dann für 10 000 Euro an eine Berliner Firma verkauft. Der tatsächliche Wert des Spezialfahrzeuges habe jedoch bei 22 000 bis 25 000 Euro gelegen, so Staatsanwalt Desens. Beim Ankauf von gebrauchter Technik habe der Verband hingegen eindeutig überhöhte Preise an regionale Unternehmen gezahlt.
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