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Brandenburg: Dem Tod knapp entronnen Notfall-Druckkammer rettete Leben eines Sporttauchers

Von Susann Huster Berlin. Jürgen Hoffmann dankt seinem Schutzengel neuerdings jeden Tag.

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Von Susann Huster Berlin. Jürgen Hoffmann dankt seinem Schutzengel neuerdings jeden Tag. Mehrfach. Denn was am 8. November mit ihm geschah, grenzt an Wunder. An diesem Samstag bricht die Katastrophe über den 46-jährigen Berliner herein. Gleichzeitig wird ihm das Leben neu geschenkt: Bei einem Tauchgang im Werbellinsee verliert er in einer Tiefe von 34 Metern plötzlich die Orientierung, sackt auf bedrohliche 39 Meter ab und reißt sich in Panik die Tauchmaske vom Gesicht. Ohne die zwingend nötigen Zwischenstopps schießt er an die Oberfläche des vier Grad kalten Wassers. „Er hätte kaum Chancen gehabt, wenn das nicht alles so optimal gelaufen wäre“, sagt Hoffmanns behandelnder Arzt am Vivantes-Klinikum im Friedrichshain, Henrik Schierz. Der Hobbytaucher sei dem Tod gleich dreimal nurv knapp entronnen: Er wäre nach den Worten des Mediziners beinahe ertrunken, war schwer unterkühlt und ohne so genannte Dekompressionszeiten aufgetaucht, wodurch der Stickstoffgehalt in seinem Blut bedrohlich hoch war. Zufällig ist am Unfallort ein Arzt zur kompetenten Erstversorgung zur Stelle. Zudem kann der völlig verwirrte und total unterkühlte schwer Verletzte schnell an ein künstliches Beatmungsgerät angeschlossen werden. Die Rettungskräfte wissen zu dem Zeitpunkt nicht, ob der inzwischen Bewusstlose die sonst bei schweren Tauchunfällen typischen Lähmungserscheinungen hat. Nur kurze Zeit nach dem Unglück trifft er mit dem Rettungshubschrauber im Vivantes-Klinikum ein. Wichtigster „Lebensretter“ des Mannes ist dort die moderne Sauerstoffüberdruckkammer im Zentrum für hyperbare Sauerstofftherapie und Tauchmedizin. Schierz ist einer von acht Notfallmedizinern, die dieses technische Wunderwerk bedienen können. Sofort kommt Hoffmann in die Kammer, die einem U-Boot gleicht und bis zu 12 Patienten Platz bietet. Mit Kompressoren wird dort eine Tauchtiefe von etwa 18 Metern simuliert und der Patient ganz allmählich an normale Druckverhältnisse gewöhnt. Drei Tage liegt Hoffmann in einem künstlichen Koma, kommt einen Tag nach dem Unfall erneut in die lebensrettende Druckkammer und wacht am Dienstag wie neu geboren im Krankenbett auf. „Ich weiß bis heute nicht, wie das passieren konnte“, sagt der Techniker. An den Unfall kann er sich kaum noch erinnern. Eines weiß er aber ganz genau: Er will seinen Lebensrettern danken, sobald er dem Krankenhaus entlassen wird. Allein im vergangenen Jahr bewahrte diese einzige rund um die Uhr einsatzbereite Druckluftkammer im Raum Berlin und Brandenburg 25 Taucher vor schweren Schädigungen, berichtet Schierz. Auch Menschen mit schwer heilenden Wunden und Tumorkranken nach der Bestrahlung sowie Patienten mit Ohrgeräuschen kann in der Kammer mit den Bullaugen geholfen werden. Zudem lassen sich viele Taucher in dem Zentrum ihre Tauglichkeit für die Tiefe bescheinigen. Allerdings seien sich die Sportler häufig der Gefahren, denen sie sich aussetzen, gar nicht bewusst, klagt der Notfallmediziner. Auch Hoffmann hat sein Lieblingshobby noch nicht ad acta gelegt. „Wenn ich wieder anfangen würde, dann ganz vorsichtig“, sagt er. Doch da haben seine Ärzte auch noch ein Wörtchen mitzureden.

Susann Huster

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