Hells Angels und Politiker: Den Rockern hinten aufgesessen
Ein halbes Dutzend Harley-Davidson-Motorräder knatterten bei dem Drei-Tage-Rennen "Cottbuser Nächte" Ende August durch das Radstadion. Wie nun herauskam, saßen auf den Maschinen Anhänger der Hells Angels - gemeinsam mit Politikern.
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Cottbus - Sie wussten nicht, wer sie da auf den schweren Motorrädern beim Drei-Tage-Rennen Ende August durch das Rund des Cottbuser Radstadions fuhr. Die Veranstalter wollten dem Publikum etwas besonders bieten. Stefan Loge (CDU), Landrat von Dahme-Spreewald und Vorsitzender des brandenburgischen Radsportverbandes, drehte als Sozius auf einer Maschine einige Ehrenrunden. Doch am Steuer dieser und anderer Maschinen saßen Mitglieder des Rockerklubs Hells Angels. Auch der Cottbuser Finanzbeigeordnete Holger Kelch (CDU) ließ sich ein paar Runden herumkutschieren. Ihren Klubkutten mit den Insignien hatten die Rocker aber nicht dabei, waren als Mitglieder des Hells Angels auf den ersten Blick nicht erkennbar. Die „Lausitzer Rundschau“ entdeckte dann Wochen später auf den Fotos von der Radrennveranstaltung, wer die Motorräder gesteuert hatte.
Die Hells Angels werden von den Sicherheitsbehörden in Teilen der Organisierten Kriminalität zugerechnet. Aus Ermittlerkreisen heißt es, die Hells Angels hätten die Cottbuser Unterwelt, also Drogenhandel, Rotlichtmilieu, Türsteherszene und Schutzgelderpressung, fest im Griff und sich als Macht etabliert.
Loge und Kelch sehen sich jetzt zu unrecht im Zwielicht. Der Veranstalter hätte vorher abklären müssen, wer dort in aller Öffentlichkeit Motorrad fährt, sagte Loge. Und Kelch warnte davor, die Hells Angels zu hofieren. Auch die Sicherheitsbehörden beobachten den Fall aufmerksam. Schließlich versuchen Rockerklubs immer wieder sich positiv darzustellen. „Wenn man Sorgfalt walten lässt und genauer hinsieht, dann gibt es auch keine böse Überraschungen wie jetzt in Cottbus“, hieß es aus Sicherheitskreisen.
Der Veranstalter des Drei-Tage-Rennens, Jens Fichte, der Immobilienverwalter und Chef eines Radsportvereins ist, bedauerte den Vorfall. „Ich habe mir den Vorwurf zu machen, dass ich die Personen vorher nicht hinterfragt habe“, sagte Fichte. Ein Mieter habe ihm kostenlose Hilfe bei der Bikershow angeboten. Es ist ein Tattoo-Studio, das – wie Fichte jetzt weiß – den Hells Angels zugerechnet wird. Fichte will jetzt eine Informationsveranstaltung organisieren, „um andere für das Thema zu sensibilisieren und damit anderen Vereinen nicht dasselbe passiert“. Von den Sicherheitsbehörden habe er im Vorfeld keine Hinweise bekommen.
Erst im Juli hatte die Polizei in Cottbus auf einem Gartengrundstück ein Waffendepot des Rockerklubs ausgehoben. In einer vergrabenen Metallkiste fanden die Ermittler mehrere funktionstüchtige Schusswaffen: eine Pumpgun und eine abgesägte doppelläufige Schrotflinte, drei Pistolen sowie die nötige Munition, mehrere Handbeile und eine Präzisionsschleuder, ein Bajonett, Messer, Samurai-Schwerter, Macheten, Morgensterne, Quarzsandhandschuhe, Drogen und Muskelaufbaupräparate wie Anabolika.
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