zum Hauptinhalt

Brandenburg: Der Alte und der Ungebremste

Grabenkämpfe in der märkischen CDU: Jörg Schönbohm und Sven Petke im Streit um Parteipositionierung

Stand:

Potsdam - Ein knappes Jahr vor dem angekündigten Rücktritt Jörg Schönbohms als CDU-Landeschef wachsen in der märkischen Union die Spannungen. Schönbohm musste gestern auf einer kurzfristig einberufenen Pressekonferenz eingestehen, dass der von seinem Generalsekretär Sven Petke eingeleitete Kurswechsel in der Fraktion kritisch gesehen wird. Abgeordnete fühlten sich von Vorstößen Petkes überrumpelt, der zum Beispiel die Rückkehr zu alten Kita-Standards gefordert hatte, die einst auf Betreiben der CDU gesenkt worden waren. In der Fraktion sei das „diffuse Bild“ der von Petke angekündigten stärkeren Betonung der sozialen Themen beklagt worden, so Schönbohm. Er sprach von einem „Missvergnügen“ über den Generalsekretär, bestritt allerdings, dass es in der CDU eine Führungskrise gebe und er selbst gegen Petke zu Felde gezogen sei. Er habe „persönlich ein gutes Verhältnis“ zu diesem. Dass Petke seit Monaten auf eine Neuausrichtung und Öffnung der märkischen Union drängt, die sich unter Schönbohm vor allem als wertkonservative Law-and-Order-Partei profilierte und nun „familienfreundlicher und vielseitiger“ werden und „in die Mitte rücken“ soll, ist in Partei und Fraktion manchem nicht geheuer. So beklagte CDU–Kreischef Wieland Niekisch am gestern offen das unklare inhaltliche Profil der Landespartei - er steht mit dieser Ansicht nicht allein. Das derzeitige inhaltliche Erscheinungsbild der Union beschrieb Niekisch so: Der Spannungsbogen liege zwischen Positionen von „Alois Glück und Regine Hildebrandt“. Und: „Wir haben eine Glaubwürdigkeitslücke, die wir dringend schließen müssen.“ Denn eine Programmdebatte solle „Orientierung geben und keine Desorientierung“. Dies müsse dringend geordnet werden.

Petke selbst hatte die nötige Öffnung der Partei öffentlich mit den Wahlniederlagen der Brandenburger CDU bei den Landtagswahlen 2004 und der Bundestagswahl 2005 begründet, wo die Partei nie über 21 Prozent gekommen war.

Die auch in der letzten Fraktionssitzung am Generalsekretär geäußerte Kritik richtet sich nicht zuletzt gegen Schönbohm selbst. In der Fraktion wächst der Unmut, dass „der Alte“ die Zügel schleifen und Petke „ungebremst“ gewähren lässt. Manche warnen bereits davor, dass Schönbohm selbst beschädigt wird. Er genieße in der Partei hohe Autorität, es wäre ein Fehler, dies in Frage zu stellen, sagte der Abgeordnete Dierk Homeyer. Und fügte hinzu: Schönbohm dürfe sich nicht zurücklehnen. „Er muss auch selbst etwas tun.“

In Teilen der Fraktion wird befürchtet, dass Petke mit seiner Programmoffensive die eigene Machtposition mit Blick auf die Zeit nach Schönbohm ausbauen will. Ein „gemäßigter Flügel“ strebt jedoch Petkes Entmachtung an. In dem Machtkampf geht es jedoch nicht nur um seine künftige Rolle. Obwohl Schönbohm Wirtschaftsminister Ulrich Junghanns als seinen Nachfolger auserkoren hat, machen auch andere CDU-Politiker aus ihren Ambitionen für dieses Amt keinen Hehl. Erst jüngst hat CDU-Kreischef Dieter Dombrowski erklärt, dass Junghanns als Nachfolger Schönbohms noch nicht „gesetzt“ sei. Angesichts der Konflikte wächst in der Union die Sorge, dass die Partei nach dem Abgang Schönbohms in alte Grabenkämpfe zurückfallen könnte.

Zur Startseite

showPaywall:
false
isSubscriber:
false
isPaid:
console.debug({ userId: "", verifiedBot: "false", botCategory: "" })