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Brandenburg: Der annullierte Vize-Bürgermeister von Strausberg Gericht entschied gegen Ex-Beigeordneten, der Nach-Wende-Immobiliendeals angeprangert hatte

Strausberg - „Ich kämpfe um meine Rehabilitierung“, sagt Friedhelm Zapf. Fast zwei Jahre lang war der heute 59-Jährige Mitte der 90er Jahre Vize-Bürgermeister des östlich von Berlin gelegenen Städtchens Strausberg gewesen.

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Strausberg - „Ich kämpfe um meine Rehabilitierung“, sagt Friedhelm Zapf. Fast zwei Jahre lang war der heute 59-Jährige Mitte der 90er Jahre Vize-Bürgermeister des östlich von Berlin gelegenen Städtchens Strausberg gewesen. Doch die Bestallungsurkunde zum Ersten Beigeordneten ist nach einem vor wenigen Tagen gefällten Entscheid des Verwaltungsgerichts Frankfurt (Oder) nicht das Papier wert, auf dem sie gedruckt wurde. Die Richter bescheinigen Zapf, dass er gar nicht rechtmäßig gewählt worden war.

Damit geht für Zapf ein elf Jahre währender, an die gesundheitliche Substanz gehender Kampf um sein Recht vorerst verloren. Er hatte in den 90er Jahren weit über die Grenzen der Kleinstadt hinaus für Aufmerksamkeit gesorgt. Der Lehrer, der von 1990 bis 1993 Landrat von Bad Freienwalde war und im März 1994 zum Ersten Beigeordneten von Strausberg gewählt wurde, hatte zahlreiche seiner Ansicht nach gegen geltendes Recht verstoßende Verkäufe von kommunalen und privaten Immobilien aufgedeckt. Darunter waren auch Grundstücke, auf denen jüdische Rückübertragungsansprüche gelastet haben sollen.

Im Herbst 1995 informierte er die Stadtverordneten über weit unter Wert verkaufte Immobilien. Die Reaktion fiel jedoch ganz anders aus als von ihm erwartet. Wie diese Zeitung mehrfach berichtete, wurde Zapf als „Nestbeschmutzer“ beschimpft und beurlaubt. Er legte Widerspruch ein, der erfolglos blieb. 1996 wurde er entlassen. Im März 2001 erhielt er von der Stadt Strausberg einen Bescheid über die Nichtigkeit seiner Ernennung zum Wahlbeamten. Die Begründung: Er sei entgegen den Bestimmungen in nichtöffentlicher Sitzung gewählt worden. Deshalb wurden seine Ruhestandsbezüge von 35 Prozent seines letzten Gehalts eingestellt.

Für den früheren Beigeordneten begann ein jahrelanger Kampf um seine Ruhestandsgelder. Zapf verwies darauf, dass seine Wahl 1994 tatsächlich für den nichtöffentlichen Teil der Stadtverordnetenversammlung angekündigt worden war. Auf Antrag einer Abgeordneten sei sie dann aber doch öffentlich durchgeführt worden, sagte er. Zapf legte Klage gegen den städtischen Bescheid vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht ein – erst in der vergangenen Woche erhielt er den Richterspruch. Die Kammer entschied, dass Zapf nicht ordentlich gewählt worden war und sich damit die Frage, ob er rechtswidrig abgesetzt wurde, gar nicht stelle. Die Wahl hätte in öffentlicher Sitzung erfolgen müssen, erläutert ein Gerichtssprecher. Zudem hätte die Tagung auch als öffentlich angekündigt werden müssen. Es reiche nach Ansicht der Kammer nicht aus, wenn auf der Sitzung ad hoc beschlossen werde, dass ein Tagesordnungspunkt doch öffentlich sei.

Zapf fühlt sich zu Unrecht bestraft: „Ich hatte doch an der veröffentlichten Tagesordnung überhaupt keine Aktie“, sagt er und betont: „Ich bin öffentlich gewählt worden.“ Der 59-Jährige will jetzt Rechtsmittel beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg prüfen und auch überlegen, ob er sich an den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte wendet. Ihm geht es einerseits um die Sicherung seines Lebensunterhalts, vor allem aber um seinen Ruf. „Das alles war und ist nichts anderes als ein Abstrafen meines Engagements“, sagte er gestern dieser Zeitung: „Mir ist es immer um Aufklärung gegangen, ich wollte Schaden in rechtlicher und finanzieller Hinsicht von der Stadt Strausberg abwenden.“

Der „Fall Zapf“ wird wohl weiter die Öffentlichkeit beschäftigen – zumal erst vor wenigen Wochen ein Immobiliengeschäft der Kreisverwaltung Strausberg von 1991 vom Verwaltungsgericht Frankfurt (Oder) in ungewöhnlich scharfer Form gerügt wurde. Da Brandenburgs Landtagspräsident Gunter Fritsch damals dort Landrat war, geriet er in die Kritik. Der SPD-Politiker wies diese zurück – genau wie die einst von Friedhelm Zapf erhobenen Vorwürfe.ddp/das

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