HINTERGRUND: Der Brandanschlag: Vermutlich rechtsextrem
Unbekannte Täter haben in der Nacht zum vergangenen Samstag einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in der Innenstadt von Jüterbog (Teltow-Fläming) verübt. Nach Polizeiangaben warfen die Täter gegen 1.
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Unbekannte Täter haben in der Nacht zum vergangenen Samstag einen Brandanschlag auf eine Flüchtlingsunterkunft in der Innenstadt von Jüterbog (Teltow-Fläming) verübt. Nach Polizeiangaben warfen die Täter gegen 1.15 Uhr zwei Brandsätze auf ein Fenster des Flachbaus, in dem alleinreisende, minderjährige Flüchtlinge untergebracht sind. Weil die Wurfgeschosse die doppeltverglasten Fenster nicht durchschlugen, entzündeten sich die Brandsätze laut Polizei nur im Fensterbereich. Einem durch die Geräusche alarmierten Betreuer der Unterkunft gelang es anschließend, mithilfe einer Kollegin die Flammen an der Außenfassade zu löschen. Als die Feuerwehr eintraf, war der Brand bereits erstickt.
Am Ende hatten die 20 Bewohner im Alter von 15 bis 17 Jahren großes Glück: Verletzt wurde keiner, auch musste das Gebäude nicht evakuiert werden. Die Brandsätze wurden auf das Fenster eines unbewohnten Abstellraumes geworfen, beschädigten nur die erste Verglasungsschicht. Rings um das Fenster blieben großflächige Rußspuren. Auch ein unmittelbar neben dem Gebäude parkendes Fahrzeug wurde durch den Ruß in Mitleidenschaft gezogen. Insgesamt beläuft sich die Schadenshöhe nach Polizeiangaben auf etwa 1500 Euro. Vorsorglich wurden durch die Johanniter-Unfall-Hilfe, die Träger der Unterkunft ist, Notfallseelsorger und Dolmetscher für die Bewohner hinzugezogen. Außerdem steht das Gebäude jetzt unter Polizeischutz. Noch in der Nacht hatten Spezialisten der Kriminaltechnik Spuren am Tatort gesichert. Hinweise auf den oder die Täter gibt es indes noch keine, sagte ein Polizeisprecher den PNN am Montag. Weder seien vor Ort Personen noch ein Fahrzeug gesehen worden, sagte er. Die gemeinsame Ermittlungsgruppe von Staatsschutz, Revier- und Kriminalpolizei gehe jedoch von einem rechtsextremen Hintergrund aus, sagte der Polizeisprecher. Schon Mitte September hatten Unbekannte eine Fensterscheibe mit einem Stein beschädigt. Brandenburgs Regierungschef Dietmar Woidke (SPD) verurteilte die Tat scharf. „Das ist eine widerliche und verabscheuungswürdige Tat von völlig Irregeleiteten“, sagte er. Das sei unerträglich und passe nicht zum weltoffenen Brandenburg, in dem sich Tausende täglich in wunderbarer Weise für Flüchtlinge engagierten. Jetzt gehe es darum, die Täter schnell zu fassen und zu bestrafen. „Ich setze dabei auch auf die Mithilfe der Bürger“, betonte der Ministerpräsident. Klare Kante zeigte auch Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD): „Brandanschläge sind keine Asylkritik, sondern ein Verbrechen und sonst nichts. Sie sind die Argumente derjenigen, die sonst keine Argumente haben. Mich widert so was an.“ Weiter fraglich ist indes, ob der Brandanschlag in Zusammenhang mit der Explosion in einem Jüterboger Flüchtlingstreff Ende November 2015 steht. Wie berichtet war der Raum der evangelischen Kirche damals nach einer fremdenfeindlichen NPD-Demo durch Pyrotechnik zerstört worden. Die Ermittler vermuteten bisher, dass die im März ausgehobene Neonazi-Zelle von Nauen um den NPD-Politiker Maik Schneider an dem Anschlag beteiligt war. Der NPD-Mann gilt als der Kopf der Gruppe, meldete auch damals die Demonstration in Jüterbog an und sitzt derzeit unter anderem wegen des Brandanschlags auf eine als Asylunterkunft vorgesehene Turnhalle in Nauen in Untersuchungshaft. Die Staatsanwaltschaft Potsdam wirft ihm die Rädelsführerschaft einer kriminellen Vereinigung vor, die für insgesamt sieben Straftaten angeklagt ist. Die Explosion in Jüterbog gehört bislang nicht dazu. Den Ermittlern gelang es nicht, der Truppe eine Beteiligung nachzuweisen, auch weil nach PNN-Informationen keine Funkzellenabfrage durchgeführt wurde. Die Ermittler konzentrierten sich auf klar nachweisbare Taten, um Schneider hinter Gitter zu bringen. René Garzke
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