Brandenburg: Der brutale Tritt
Nach dem Angriff auf eine Frau im U-Bahnhof Hermannstraße steht ein 28-Jähriger vor Gericht
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Berlin - Die Videosequenz dauert 20 Sekunden, die Horror-Bilder graben sich tief ins Bewusstsein: Eine Frau geht in einem Berliner Bahnhof eine Treppe hinunter und wird aus dem Nichts attackiert – feige von hinten durch einen Tritt in den Rücken. Sie stürzt die Treppen hinunter. Der Täter sieht zu, geht seelenruhig davon. Siebeneinhalb Monate später wird dem mutmaßlichen U-Bahn-Treter nun der Prozess gemacht. Der 28-jährige Svetoslav S. muss sich ab Donnerstag wegen gefährlicher Körperverletzung vor dem Landgericht Berlin verantworten. Zudem werden dem aus Bulgarien stammenden Mann exhibitionistische Handlungen zur Last gelegt. Er soll sich zwei Wochen vor dem Angriff im Bahnhof Hermannstraße am helllichten Tag auf einem Parkplatz und 35 Minuten später in einem Park entblößt und masturbiert haben – vor Frauen.
Es ist kurz nach Mitternacht, als am 27. Oktober mehrere junge Männer die Mittelebene des Bahnhofs in Neukölln betreten. Einige haben Flaschen dabei. Es ist laut Anklage 0.20 Uhr, als am Übergang von der S-Bahn zur U8 eine Frau an der Gruppe vorbeiläuft. Die junge Passantin hat die Kapuze ihres Mantels aufgesetzt und geht die ersten Stufen zum Bahnsteig hinab. Einer der Männer – Bierflasche in der einen Hand, Zigarette in der anderen – dreht sich um und folgt der Frau. Er wird schneller, zieht an seiner Zigarette, pustet Rauch aus – und greift an. Die Passantin ist auf der Hälfte der Treppen, als der Täter ihr gezielt und wuchtig in den Rücken tritt. Das Opfer stürzt kopfüber und fällt mit dem Gesicht auf den Bahnsteig. Der Mann wartet den Aufprall ab, zieht an der Kippe und geht mit seinen drei Begleitern ungerührt davon.
Andere Fahrgäste kümmerten sich auf die Verletzte. Die damals 26-Jährige hatte einen Armbruch und eine Kopfplatzwunde erlitten. Auf den Fahndungserfolg musste sie bis Dezember warten. Sechs Wochen nach der Attacke veröffentlichte eine Zeitung die schockierenden Bilder. Kurz darauf leitete die Polizei eine Öffentlichkeitsfahndung mit dem Video ein – genehmigt durch richterlichen Beschluss. Die Identität des Tatverdächtigen wurde nach Hinweisen ermittelt. Svetoslav S. war zunächst untergetaucht. Der 28-Jährige wurde festgenommen, als er Mitte Dezember am Zentralen Omnibusbahnhof aus Südfrankreich ankam. Dem dreifachen Vater mit Vorstrafen wegen Diebstahls und Fahrens ohne Führerschein in Bulgarien drohen sechs Monate bis zehn Jahre Haft. Kerstin Gehrke
Kerstin Gehrke
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