Dokumentiert: Der Entschließungsantrag zum Poppe-Bericht
Landtag Brandenburg Drucksache 5/4678; 5. Wahlperiode; Entschließungsantrag von 72 Abgeordneten zum Bericht der Kommission zur Überprüfung der Abgeordneten nach § 33 des Abgeordnetengesetzes (DS 5/4600)
Stand:
Der Landtag erklärt:
Ehrlichkeit zeigen – Verantwortung übernehmen – Vertrauen
stärken
Der Landtag dankt der Kommission zur Überprüfung der Abgeordneten für den
vorgelegten Bericht und nimmt die darin getroffenen sachorientierten Bewertungen
zur Kenntnis.
Eine Überprüfung der Abgeordneten auf Tätigkeit für das DDR-Ministerium für
Staatssicherheit und eine umfassende Debatte darüber hat es bislang nur in der 1.
Legislaturperiode des Landtages Brandenburg gegeben. Die Bilanz dieser
Auseinandersetzung floss ein in den 1994 von Abgeordneten aller Fraktionen
angenommen Beschluss „Die Vergangenheit mit menschlichem Maß bewerten“.
Mit der Enquetekommission 5/1 sowie der Kommission zur Überprüfung der
Abgeordneten nach § 33 Abs. 4 Satz 8 des Abgeordnetengesetzes hat sich der
Landtag zur dauerhaft notwendigen Aufarbeitung der SED-Diktatur und deren Folgen
in Brandenburg bekannt. Erstmals wurde eine umfassende Darstellung vorgelegt,
welche detaillierte Auskünfte über die Kontakte und die Form der Zusammenarbeit
von Abgeordneten und dem Ministerium für Staatssicherheit gibt.
Die herausgehobene Rolle der Landtagsabgeordneten zeigt sich nicht nur daran,
dass 2,5 Millionen Brandenburger von 88 Volksvertreten im Landtag repräsentiert
werden. Vielmehr beinhaltet jedes Mandat auch eine große Verantwortung.
Datum des Eingangs: 25.01.2012 / Ausgegeben: 25.01.2012
Als Gesetzgeber prägen die Abgeordneten maßgeblich grundlegende
Lebensbereiche. Die Erziehung und Bildung unserer Kinder, die Gewährleistung von
Recht, Ordnung und Sicherheit oder die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen
betreffen das Leben der Menschen ganz direkt.
Die Brandenburger setzen mit ihrer Wahlentscheidung Vertrauen in dieses
Parlament. Im Gegenzug können und dürfen sie deshalb neben fachlicher Eignung
und Engagement vor allem Ehrlichkeit, Glaubwürdigkeit und moralische Integrität von
ihren Volksvertretern erwarten. Wer massiv Vertrauen missbraucht und durch
gezieltes Beschaffen und Weitergeben von Informationen Freunde, Kollegen oder
Familienmitglieder in schwierigste Situationen gebracht hat, hat schwere moralische
Schuld auf sich geladen. Diese Schuld besteht unabhängig davon, ob die
Zusammenarbeit mit dem MfS selbst bekannt gemacht wurde.
Der vorliegende Bericht der Überprüfungskommission belegt erneut, dass es in der
aktuellen 5. Wahlperiode mehrere Mitglieder des Landtages gibt, auf die das zutrifft.
Der Landtag respektiert das kürzlich im Rahmen der Enquetekommission 5/1
veröffentlichte repräsentative Meinungsbild im Land – auch bezüglich der Tatsache,
dass drei von vier Brandenburgern keine Stasi-belasteten Personen in politischen
Funktionen sehen wollen. Diese klare Haltung steht nicht im Widerspruch zu einer
generellen zweiten Chance für die Täter und auch nicht zur Versöhnung mit den
Opfern, sofern diese dazu bereit sind. Der Landtag respektiert zugleich die
Entscheidung der Wählerinnen und Wähler bei der Auswahl der Mandatsträger.
Der Bericht der Kommission zeigt: Das Maß der Schuld kann nur im Einzelfall
bewertet werden. Die Erwartungen an die betroffenen Personen sind darüber hinaus
von der Frage bestimmt, wie der oder die einzelne mit seiner Tätigkeit für das MfS
umgegangen ist und welche Lehren er oder sie daraus gezogen hat. Der offene und
kritische Umgang mit früheren Fehlern ist ebenso notwendig wie die Übernahme von
Verantwortung für verursachtes Unrecht in Missachtung von Freiheit und Demokratie.
Vor diesem Hintergrund wird den betroffenen Abgeordneten nahegelegt, sich mit
ihrer persönlichen Verantwortung, der dadurch entstandenen öffentlichen
Wahrnehmung und ihrer Rolle als Volksvertreter weiter kritisch auseinanderzusetzen.
Dem Landtag ist bewusst, dass neben der interessierten Öffentlichkeit und den
Medien insbesondere die Opfer mit großer Sensibilität auf das Handeln des
Landtages blicken. Es gilt, die richtigen Lehren aus der Geschichte zu ziehen,
umfassend zu beherzigen und weiterzugeben. Der Landtag wird sich in Zukunft noch
intensiver für die Belange und Interessen der Opfer der SED-Diktatur einsetzen, ihre
umfassende gesellschaftliche Rehabilitierung unterstützen und das erlittene Unrecht
im Bewusstsein der Öffentlichkeit halten.
Die Arbeit der Landesbeauftragten zur Aufarbeitung der Folgen der kommunistischen Diktatur wird nach besten Kräften unterstützt.
(Unterschrieben von: ; - Anm. d.Red.)
Elisabeth Alter (SPD)
Günter Baaske (SPD)
Detlef Baer (SPD)
Dr. Andreas Bernig (DIE LINKE)
Mike Bischoff (SPD)
Beate Blechinger (CDU)
Helga Böhnisch (DIE LINKE)
Frank Bommert (CDU)
Steeven Bretz (CDU)
Marco Büchel (DIE LINKE)
Ludwig Burkardt (CDU)
Ralf Christoffers (DIE LINKE)
Dieter Dombrowski (CDU)
Thomas Domres (DIE LINKE)
Danny Eichelbaum (CDU)
Udo Folgart (SPD)
Bettina Fortunato (DIE LINKE)
Gunter Fritsch (SPD)
Rainer Genilke (CDU)
Klara Geywitz (SPD)
Christian Görke (DIE LINKE)
Martina Gregor-Ness (SPD)
Dieter Groß (DIE LINKE)
Gerrit Große (DIE LINKE)
Thomas Günther (SPD)
Barbara Hackenschmidt (SPD)
Anja Heinrich (CDU)
Axel Henschke (DIE LINKE)
Prof. Dr. Sieglinde Heppener (SPD)
Dr. Gerd-Rüdiger Hoffmann (fraktionslos)
Gordon Hoffmann (CDU)
Ralf Holzschuher (SPD)
Dierk Homeyer (CDU)
Peer Jürgens (DIE LINKE)
Kerstin Kaiser (DIE LINKE)
Kerstin Kircheis (SPD)
Torsten Krause (DIE LINKE)
Andreas Kuhnert (SPD)
Björn Lakenmacher (CDU)
Sylvia Lehmann (SPD)
Jutta Lieske (SPD)
Dr. Saskia Ludwig (CDU)
Stefan Ludwig (DIE LINKE)
Dr. Michael Egidius Luthardt (DIE LINKE)
Margitta Mächtig (DIE LINKE)
Jürgen Maresch (DIE LINKE)
Kerstin Meier (DIE LINKE)
Susanne Melior (SPD)
Dr. Martina Münch (SPD)
Ina Muhß (SPD)
Klaus Ness (SPD)
Matthias Platzeck (SPD)
Wolfgang Pohl (SPD)
Barbara Richstein (CDU)
Manfred Richter (SPD)
Holger Rupprecht (SPD)
Dr. Hans-Jürgen Scharfenberg (DIE LINKE)
Roswitha Schier (CDU)
Prof. Dr. Michael Schierack (CDU)
Werner-Siegwart Schippel (SPD)
Ingo Senftleben (CDU)
Britta Stark (SPD)
Carolin Steinmetzer-Mann (DIE LINKE)
Gerlinde Stobrawa (DIE LINKE)
Anita Tack (DIE LINKE)
Gabriele Theiss (SPD)
Kornelia Wehlan (DIE LINKE)
Henryk Wichmann (CDU)
Birgit Wöllert (DIE LINKE)
Dr. Dietmar Woidke (SPD)
Irene Wolff-Molorciuc (DIE LINKE)
Alwin Ziel (SPD)
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