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Brandenburg: Der Havel-Gondoliere

Ist ja wie im Urwald: Auf einem Gewässer-Altarm kann man Floßfahren. Falk Ulm ist Chef der 19 Buga-Flößer, ein Mann für Kahnfahrten und Geschichten

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Eine italienische Schulklasse stimmte auf der Floßfahrt gleich „O sole mio“ und Lieder über die Gondoliere in Venedig an. Der Vergleich mag zwar nicht ganz zutreffen, aber die Buga-Flößer von Rathenow geben und fühlen sich manchmal durchaus wie die stolzen Männer vom Canal Grande. Allerdings sitzen ihre Gäste nicht in reich verzierten Gondeln, sondern einfach auf Holzbohlen. Nur der Antrieb ist gleich: Muskelkraft. Mit Geschick und Balance stechen die Männer eine lange Stange in den Havelboden und befördern so ihre Fahrgäste gut 500 Meter vom Eingang am Schwedendamm bis zum Aufgang in den Optikpark. Maximal sechs Erwachsene oder neun Kinder finden Platz auf einem Floß.

„Es sieht vielleicht leicht aus, aber erfordert manchmal schon viel Kraft“, meint Falk Ulm, der Chef der Buga-Flößer. „Deshalb gibt es in unserer 19-köpfigen Truppe nur Männer.“ Alle hätten vor ihrem Einsatz eine richtige Fahrschule absolviert, wobei eine wichtige Eigenschaft der Gruppe nicht trainiert werden kann: unterhaltsame Geschichten erzählen. „Darauf können sich alle Fahrgäste verlassen“, sagt der gelernte Tischler, der seit der Premiere der Floßfahrten auf einem alten Arm der Havel zur Landesgartenschau 2006 mit dabei ist. Was man erfährt? „Geschichten über die Stadt wechseln sich mit Erklärungen zur Havelschifffahrt ab.“ So erfahren die Besucher unter anderem, dass das Rote Rathaus in Berlin mit Ziegeln aus Rathenow gebaut ist, auch das Holländische Viertel in Potsdam oder das Orangerieschloss im Park Sanssouci. Alle Transporte erfolgten bis nach dem Krieg auf der Havel. Natürlich fanden einheimische Ziegel auch in Rathenow Verwendung. Falk Ulm zeigt auf Steinhaufen am Ufer, Trümmer von im Zweiten Weltkrieg zerstörten Häusern. Damals sei der gesamte Schutt einfach in den Havelarm gekippt worden, sagt er. Kleine Reste davon seien eben immer noch zu sehen.

Ihren Passagieren erzählen Falk Ulm und seine Kollegen auch etwas von den tierischen Gästen im kleinen Urwald. Zu ihnen gehören zum Beispiel Eisvogel, Zaunkönig, Nachtigall und Buntspecht. Auch Biber wohnen dort, ein sorgfältig errichteter Bau am Wegesrand beweist das. Und natürlich enthalten viele Geschichten auch ein wenig „Flößerlatein“. Mittlerweile haben die Rathenower Flößer sich sogar eine treue Stammkundschaft aufgebaut. „Das sind Rathenower mit einer Buga-Dauerkarte, die sich abends oder am Morgen einfach mal eine unterhaltsame Fahrt über die Havel mit uns gönnen“, sagt Falk Ulm. Und dabei sieht er richtig zufrieden aus. Ste.

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