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Brandenburg: Der Ruf der Insel

Das Berliner Eiland Schwanenwerder lockt. Vielleicht auch die Filmstars

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Berlin - Georg Schertz, der ehemalige Berliner Polizeipräsident, hätte nichts gegen Inselnachbarn, die Brad Pitt und Angelina Jolie heißen. Aber noch ist nur Spekulation, dass sich das Hollywood-Traumpaar auf dem Berliner Eiland Schwanenwerder als Wohnsitz ausgeguckt hat. Dass auf dem Grundstück Inselstraße 34, dessen „restloser Kahlschlag“ die Anwohner vor zwei Jahren auf die Palme brachte, ein massiver, nicht gerade ortsüblicher Villenbau entstehen soll, ist seit Monaten im Gespräch. Als Bauherren aber wurden dem Bezirksamt bislang Namen genannt, die nicht nach Pitt und Jolie klingen. Aber Schwanenwerder wäre für eine derartige Überraschung eine der besten Adressen.

Der Ort ist Mythos. Schon in der Kaiserzeit zogen viele Größen der Gesellschaft auf die Insel am Großen Wannsee, die mit Schwanenwerder auch einen angemessenen Namen bekommen hatte. Sandwerder hätte zum Image des eindrucksvollen Villengebiets nicht mehr gepasst. Schwanenwerder - das war im Uralt-Monopoly-Spiel einmal die teuerste Adresse. Aber dann, als viele jüdische Familien zur Grundstückaufgabe gezwungen wurden, ließen sich NS-Größen wie Joseph Goebbels und Albert Speer mit ihren Familien auf der Insel nieder – und diese braune Vergangenheit ließ das Eiland, das nur über eine schmale Brücke erreichbar ist, über Jahre hinaus trotz bester Lage ein wenig düster-geheimnisvoll erscheinen. Aber Namen wie die der Schokoladen-Dynastie Monheim, die zu den Alteingesessenen gehört, des Verlegers Axel Springer oder auch des Aspen-Instituts hellten den Ruf in den Nachkriegsjahrzehnten wieder auf. Das renommiere Institut entstand auf dem einstigen Goebbels-Grundstück.

Etwas verwunschen schien die Insel, weil große Grundstücke, von denen viele jüdischen Familien gehört hatten, nach Kriegszerstörung nicht bebaut wurden. Alteigentümer wollten nicht unbedingt zurück. Schwanenwerder hatte über Jahre hinaus etwas Verwildertes und zugleich den Ruf, etwas besonders Feines zu sein. Eine der besten Lagen der Stadt. Das Land Berlin kaufte viel Grundstücke auf, bezahlte Restitutionsansprüche. Mehrere Bezirke konnten die Wasserlagen zur Kindererholung nutzen, es entstanden Zeltstädte, das führte in den siebziger- und achtziger Jahren zu verhaltenem Protest einiger Nachbarn, die sich gestört fühlten. Neben dem Grundstück Inselstraße 34 hatten die Jugendämter Schöneberg und Neukölln ihre Ferienerholung, vor fünf Jahren kamen bei einem Unwetter zwei Jungen ums Leben, ein Jahr später wurde das Gelände aufgegeben. Nun soll auch dieses Gebiet, auf dem einst die „Reichsbräuteschule“ stand, zu allgemeinem Wohngebiet erklärt werden, wogegen es Proteste gibt.

Überhaupt wird die Insel, vor allem im Inneren, seit gut zehn Jahren langsam zugebaut. Ihr Ruf lockt Leute mit viel Geld. Auf dem Grundstück Inselstraße 34 steht nun auf einem Schild der Architektenname Graft, mit dem Büro steht Brad Pitt in Verbindung. Das heizt Gerüchte an. Das Grundstück war in den zwanziger Jahren in jüdischem Besitz (Kaufhauskette Israel), ging über die Bahn an einen Galeristen über. Die jetzigen Grundstückseigentümer sind für ungenehmigten Kahlschlag nicht verantwortlich. Dass der Bezirk so einen großen Bau überhaupt zulasse und die Genehmigung damit begründe, dass Bäume nicht mehr stünden, hat zu großem Ärger auf der Insel geführt. Es werde ein „Betonkomplex“ entstehen, halb in Hanglage, mit breiter Fensterfront zum Wasser, Schertz kennt die Entwürfe. Wenn sich Brad Pitt und Angelina Jolie, so sie denn überhaupt kämen, mit einem schmaleren Haus begnügten, wären sie ihm als Nachbarn noch lieber.

Christian van Lessen

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