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Brandenburg: Der Schuh des Bushido

Angeblich hatte er einen Fan nicht nur mit der Hand geschlagen, der Vorwurf lautete: Körperverletzung

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Berlin - Ein schwarzer Mercedes steuert das Kriminalgericht an. Wahrlich nicht verhalten. Der Mann hinterm Lenkrad wird bereits erwartet. Von seinem Verteidiger und von mehr als einem Dutzend Kameras: Bushido sitzt heute auf der Anklagebank. Weil er einen 17-jährigen Fan verhauen haben soll. Mit einem Schuh. Nun ist der Andrang groß. Und der Skandalrapper sieht kurz vor dem Prozess nicht gerade vergnügt aus. Der Musiker mit dem Rüpelimage, der verbal hemmungslos und vulgär austeilt, der schon öfter Ärger mit der Justiz hatte, bleibt vor dem Saal ein stiller Junge.

Eine Szene vor dem Luxusanwesen des Rappers in Lichterfelde am Nachmittag des 19. Mai 2013 führte zu einer Anklage wegen gefährlicher Körperverletzung. Damals lungerten fünf Fans vor der Einfahrt herum. Sie putzten die Klingel und hatten ihren Spaß daran. Dreimal ging Bushidos Frau an die Sprechanlage, bat: „Jungs, er ist nicht da.“ Beim vierten Mal griff Bushido ein. „Ich wollte die Sache verbal klären.“

Es wirkt ausgesprochen bürgerlich und für einige seiner Fans wohl eher spießig, wie der allzeit umstrittene Rapper über jenen Sonntag spricht. „Meine Tochter hielt Mittagsschlaf, den wollte ich schützen“, sagt der 35-Jährige. Er habe seinen Nachbarn, der einst Türsteher war und mit solchen Situationen erfahren scheint, dazugebeten. „Als ich das Tor öffnete, sprangen sie aufgeregt ins Auto.“ Einen aber ließen sie allein zurück. Bushidos Nachbar habe den unerwünschten Fan zuerst mit der flachen Hand ins Gesicht geschlagen, hieß es in der Anklage. Als der 17-jährige Ali El-B. am Boden lag, habe Bushido „seinen Schuh in die Hand genommen und damit auf den Kopf des Geschädigten geschlagen“. Der Angeklagte Anis Ferchichi, wie Bushido mit bürgerlichem Namen heißt, beschreibt dagegen ein bedrohliches, aufdringliches Verhalten des jugendlichen Fans.

Der Fan, der den Nachbarn noch als „Hund“ beschimpft habe, sei gestolpert. Und der Schuh? Bushido schüttelt sein akkurat frisiertes Haupt: „Alle Schuhe, die vor Ort waren, befanden sich an unseren Füßen.“ Wenn fünf Zeugen es anders schildern, kann es schlecht aussehen. Zuerst der Auftritt von Ali, dem angeblichen Opfer. Die Hände hat er in den Hosentaschen. „Was machen Sie beruflich?“ Der 17-Jährige lümmelt auf dem Zeugenstuhl: „Nix.“ Der Richter wird direkt: „Rumhängen?“ Der Jugendliche macht sich nichts draus: „Ja.“ Die Aussage will er verweigern. Das darf er auch, wenn er sich durch „wahrheitsgemäße Angaben“ selbst belasten würde. Das Gefängnis kennt Ali El-B. bereits. „Ich bin vor zehn Tagen rausgekommen“, nuschelt er noch und geht. Der nächste Zeuge ist erst 16 Jahre alt, kaut Kaugummi und hält auch lieber den Mund. 21 Jahre alt ist der dritte Zeuge. Er bringt es immerhin auf: „Ich war im Auto, hab’ nicht viel gesehen.“ Der Richter muss nicht lange grübeln. Denn alle sind sich nach dem gerade einmal einstündigen Prozess einig. Nichts sei von den Vorwürfen übrig geblieben, fasst Richter Torsten Dube zusammen. Freispruch auf Kosten der Landeskasse. Kerstin Gehrke

Kerstin Gehrke

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