Brandenburg: Der Speckgürtel darf wachsen
Brandenburg fördert Wachstum im Berliner Umland: Gemeinden dürfen neue Siedlungs- und Gewerbegebiete ausweisen und bekommen mehr Geld für Infrastruktur
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Potsdam - Das Berliner Umland darf munter wachsen: Die Städte und Gemeinden rings um die Metropole sollen in erheblichem Umfang neue Gewerbe- und Wohngebiete ausweisen dürfen. Das geht aus dem Entwurf des neuen Landesentwicklungsplans für beide Bundesländer hervor, den die gemeinsame Landesplanungsabteilung jetzt vorgelegt hat.
Danach werden bisherige Restriktionen für Kommunen im Umland, denen nur ein begrenztes Wachstum gestattet war, weitgehend abgeschafft. Um „Wildwuchs“ zu vermeiden, werden um die Metropole aber auch „grüne Lungen“ als unantastbare Freiräume festgeschrieben. „Es ist keine Verhinderungsplanun, es ist eine andere Philosophie – sie ermöglicht Chancen und Entwicklungen“, sagt Brandenburgs Infrastrukturminister Reinold Dellmann (SPD). Ziel sei es auch, beide Länder konkurrenzfähiger im internationalen Wettbewerb, aber auch gegenüber den elf anderen deutschen Metropolenregionen wie Hamburg oder München zu machen.
Mit dem neuen Landesentwicklungsplan für die Gesamtregion will sich Brandenburg endgültig vom überholten Prinzip der „dezentralen Konzentration“ verabschieden. Mit diesem Anfang und Mitte der 90er Jahre vom damaligen Regierungschef Manfred Stolpe und seinem Umweltministrer Matthias Platzeck entwickelte Modell setzte zu Lasten des Umlandes auf eine vorrangige Förderung der Regionen fern von Berlin. Obwohl Brandenburg von 1990 bis 2002 in die Randregionen einen Großteil des öffentlichen Geldes investierte, konnten dort Abwanderung und Arbeitslosigkeit nicht verringert werden.
Nun setzen Politik und Planer auf ein der realen Entwicklung entsprechendes Modell: den sogenannten „Berliner Siedlungsstern“. Das heißt: Ortschaften, die entlang der zentralen aus Berlin und Potsdam herausführenden S- oder Regionalbahntrassen liegen und bereits bisher besonders von Zuzug profitierten, sollen sich auch künftig stark entwickeln dürfen. Eine Achse des „Siedlungssterns“ führt etwa über Kleinmachnow, Teltow, Stahnsdorf bis Ludwigsfelde, andere enden in Bernau, Oranienburg, Zeuthen oder Strausberg. Für neue Siedlungsflächen gilt künftig die Faustformel, dass eine Gemeinde je 1000 Einwohner 0,5 Hektar Siedlungsfläche für künftige Neubürger ausweisen darf.
Weiterhin Konfliktstoff birgt ein anderer Bestandteil des Landesentwicklungsplans: Es geht um die Erneuerung des „Systems der zentralen Orte“ in Brandenburg – ein Kern der neuen Förderpolitik der Landesregierung: Das geplante Netz weist neben Berlin und den vier großen Städten Potsdam, Brandenburg, Frankfurt (Oder) und Cottbus künftig 47 Städte als „Mittelzentren“ aus, auf die wegen der demografischen Entwicklung wichtige Infrastruktureinrichtungen wie Krankenhäuser und Schulen und knappere öffentliche Gelder konzentriert werden sollen. Bislang hatte Brandenburg 33 Mittelzentren und weitere 115 ebenfalls geförderte „Grund- und Kleinzentren“. Dieses „Gießkannenprinzip“ der Stolpe- Ära wird nun gestrafft. So wird zum Bespiel in der Uckermark nur noch Schwedt als Mittelzentrum ausgewiesen. Zugleich gibt es auch bei diesen schwerpunktmäßig geförderten Zentren eine Verschiebung zugunsten des Berliner Umlandes: Dort sind mit Falkensee, Hennigsdorf, Neuenhagen, Teltow und Schönefeld rings um Berlin fünf neue Mittelzentren ausgewiesen.
Eine zwischen Berlin und Brandenburg abgesprochene Festlegung gibt es auch über die möglichen Standorte großer Einkaufszentren: Nur in zwölf Orten im Umland und an 34 Standorten in Berlin soll sich großflächiger Einzelhandel ansiedeln dürfen. Dabei gilt eine Vorgabe: Innenstadt-Sortimente sind auf der „grünen Wiese“ nicht zulässig.
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