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Brandenburg: Die Brache der Dietlind Tiemann

Brandenburg/Havel: Die Oberbürgermeisterin ließ jahrelang eine Brache nicht bebauen – und verstieß gegen Verträge mit der Stadt

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Brandenburg/Havel - Dietlind Tiemann gilt als Frau, die anpackt. Brandenburgs Oberbürgermeisterin (CDU) hat den Ruf, die Havelstadt nach Jahren des Verfalls beherzt entrümpelt zu haben. Nun ist es ausgerechnet eine Brache in der sonst herausgeputzten Innenstadt, die der Politikerin Ärger einbringt: Denn die rund 900 Quadratmeter große Freifläche am Gorrenberg/Ecke Wollenweberstraße, um die es geht, gehört der Oberbürgermeisterin selbst. Aber sie schere sich seit Jahren nicht darum, sagen Tiemanns Gegner.

Vor 13 Jahren, im September 2000, erwarben Dietlind Tiemann und ihr Ehemann das Areal günstig von der Stadt Brandenburg. Klaus-Peter Tiemann (CDU) ist Geschäftsführer der RFT kabel Brandenburg GmbH. Vereinbart wurde damals, dass die neuen Eigentümer das Grundstück gemäß der sanierungsrechtlichen Ziele bis spätestens 2008 bebauen – mit Wohnungen für die Allgemeinheit. Doch dies geschah nicht, stattdessen errichteten die Tiemanns auf dem Gelände einen Parkplatz. Der Vertrag erlaubte dies, allerdings nur vorübergehend bis zur Erteilung einer Baugenehmigung. Doch die Tiemanns beantragten nie zu bauen. Stattdessen betreiben sie bis heute den Parkplatz. Die rund 30 Stellplätze vermieten sie kostenpflichtig unter anderem an Gewerbetreibende.

Lange Jahre fiel dies niemandem auf, bis die Opposition in der Stadtverordnetenversammlung auf den Deal aufmerksam wurde. Sie wirft dem Ehepaar Tiemann nun vor, der Stadt Brandenburg zu schaden. Statt das Gelände im Sinne des Gemeinwohls zu bebauen, habe die Oberbürgermeisterin in der Innenstadt „baurechtswidrig“ einen Parkplatz unterhalten, rügt die Stadtverordnete der Grünen, Martina Marx. „Das ist ein Ärgernis für die Bürger.“ Kritik kommt auch von der SPD-Parlamentarierin Katrin Rautenberg. Jahrelang habe das Stadtoberhaupt höchstpersönlich eine Stellplatzanlage ohne Genehmigung betrieben, die Sanierungsverpflichtung sei missachtet worden. Rautenberg legte Beschwerde beim Innenministerium in Potsdam als oberste Kommunalaufsichtsbehörde ein.

Zu ihrer Verteidigung ließen die Tiemanns einen Fernsehbeitrag über ihren Haussender Stadtfernsehen Brandenburg SKB ausstrahlen. Darin erklärt Geschäftsführer Klaus-Peter Tiemann, die Stadtverwaltung und er selbst haben den Termin mit der Baugenehmigung schlicht verschlafen. Andere „wichtige unternehmerische Prozesse“ hätten Priorität gehabt, da sei die Bebauung der Stellplatzanlage einfach übersehen worden, meint Tiemann. Dabei liegt diese Anlage genau hinter dem Sitz der RFT kabel Brandenburg Gmbh, also seinem Arbeitsplatz. Und die sprudelnden Einnahmen durch die Vermietung von rund 30 Parkplätzen? Unwahrscheinlich, dass die Tiemanns auch diese erfreulichen Bewegungen auf ihrem Bankkonto jahrelang übersahen.

Persönlich zu den Vorwürfen äußern wollten sich auf PNN-Anfrage weder Dietlind noch Klaus-Peter Tiemann. Stattdessen wird an den Baubeigeordneten Michael Brandt verwiesen, der wie Tiemann CDU-Mitglied ist. Bauherren könnten aus „unterschiedlichen Zwängen“ verhindert seien, ihr Bauvorhaben umzusetzen, erklärt Brandt. „Das ist ein normaler Vorgang.“ Diese Rechtsauffassung teile übrigens auch das Brandenburger Innenministerium, das die Beschwerde der Oppositionellen Rautenberg zurückwies.

Abgesehen von den eingeräumten Versäumnissen bei der Wiedervorlage des ursprünglichen Bauvorhabens sei „kein rechtswidriges Handeln“ festzustellen, heißt es in dem Schreiben des Innenministeriums. Es gebe daher keine Veranlassung, mit den Mitteln der Kommunalaufsicht in die Selbstverwaltung der Stadt Brandenburg an der Havel einzugreifen.

Mittlerweile hat das Ehepaar Tiemann einen Antrag auf Weiternutzung der Stellplatzanlage gestellt – mit Erfolg: Die Stadtverwaltung Brandenburg/Havel erteilte eine Genehmigung bis 2018. Die Brache in der Innenstadt wird also vorerst bleiben – und die Einnahmen für die Stellplätze.

Haiko Prengel

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