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Brandenburg: Die Grenzen der Heimerziehung

Nach dem Haasenburg-Skandal beraten Experten über Konsequenzen

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Potsdam/Berlin - Die Misshandlungsvorwürfe gegen die umstrittenen Haasenburg-Heime in Brandenburg beherrschten im vergangenen Sommer die Schlagzeilen. Inzwischen sind die Haasenburg-Heime geschlossen. Doch wo sollen Kinder hin, mit denen niemand klarkommt? Jetzt beraten Experten aus ganz Deutschland über Konsequenzen für die Jugendhilfe. Etwa 150 Gäste werden zu der Tagung an diesem Dienstag im Jagdschloss Glienicke zwischen Potsdam und Berlin erwartet, teilte ein Sprecher von Brandenburgs Jugendministerium am Montag mit.

Unter dem Titel „Macht und Machtmissbrauch in der Heimerziehung?“ wollen Mitarbeiter von Jugendämtern, Juristen, Psychologen und Mediziner über Alternativen von geschlossenen Heimen beraten. „Ich hoffe, wir können einen regelmäßigen Austausch anstoßen“, sagte Martin Hoffmann, Vorsitzender der Haasenburg-Untersuchungskommission.

Die Kommission hatte nach Misshandlungsvorwürfen gravierende Mängel in den Einrichtungen der Haasenburg GmbH festgestellt, eine Schließung jedoch nicht explizit empfohlen. Brandenburgs Jugendministerin Martina Münch (SPD) hatte keinen anderen Weg gesehen und dem Betreiber Ende 2013 die Betriebserlaubnis entziehen lassen.

Diese Entscheidung hatte das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg (OVG) Mitte Mai im Eilverfahren bestätigt.

Die Staatsanwaltschaft Cottbus ermittelt gegen Erzieher und Betreiber in rund 50 Fällen wegen Misshandlung von Schutzbefohlenen und Körperverletzung. Die ersten drei Anklagen würden in Kürze dem Amtsgericht Lübben zugestellt, sagte Behördensprecherin Petra Hertwig. 15 Verfahren wurden eingestellt. Zudem prüft die Staatsanwaltschaft Cottbus, ob die Betreiber bei horrenden Tagessätzen für die Jugendlichen falsch abgerechnet haben. Dabei geht um mögliche Wirtschafts- und Steuerstraftaten.

In den Haasenburg-Heimen in Jessern (Dahme-Spreewald), Müncheberg und Neuendorf am See (Märkisch-Oderland) hatten Jugendämter aus ganz Deutschland Kinder und Jugendliche untergebracht. Die Haasenburg GmbH hatte zuletzt 114 Plätze, davon 60 geschlossene.

Brandenburgs Jugendministerium hat nach eigene Angaben inzwischen die Zahl der Stellen in der Heimaufsicht von drei auf fünf erhöht. Zudem werden die Richtlinien für die Heimaufsicht überarbeitet. Die Kommission hatte zudem eine „ständige bundesweite Konferenz“ in ihrem Untersuchungsbericht empfohlen. Daraufhin hatte Bildungsministerin Münch angekündigt, eine Fachtagung einzuberufen.

Die Tagung biete die Chance, ein ständige bundesweite Konferenz „in die Gänge zu bringen“, sagte Hoffmann. Jugendhilfe, Schule sowie Kinder- und Jugendpsychiatrie müssten regelmäßig miteinander im Gespräch sein und die Schnittflächen nutzen, forderte der Berliner Psychologe. Der Haasenburg-Skandal habe verdeutlicht, dass es bei der Zusammenarbeit dieser Bereiche Lücken gebe. dpa

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