
© Nestor Bachmann/lbn
Hauptstadtzulage: Die Landeshauptstadt hat abgesahnt
Vom 457 Millionen Euro Förderpaket bekam Potsdam fast 100 Millionen – die anderen kreisfreien Städte zusammen nur 68,6 Millionen
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Potsdam - Potsdam hat im Ringen um die fünf Millionen Euro schwere Hauptstadtzulage noch nicht aufgegeben und zeigt sich reuig. Tatsächlich hat das Rathaus die Landesregierung zuvor mit einem üppigen Wunschkatalog „jenseits von Gut und Böse“ verärgert und wenig von der geforderten Demut angesichts knapper Kassen gezeigt. Inzwischen bastelt die Landesregierung trotz der verkündeten Streichung der Zulage an einer Notlösung – es geht schließlich um die Landeshauptstadt.
Diese Nachsicht zeigt sich auch bei der Abrechnung der Maßnahmen des Konjunkturpakets II. Demnach war Potsdam Nutznießer der vom Bund kommenden Steuermillionen. Die Potsdamer Ministerien haben in großem Stil Projekte in ihre unmittelbare Umgebung befördert.
Die unverhältnismäßige Bevorzugung Potsdams erschließt sich schon bei einem kurzen Blick auf die für die einzelnen Kreise und kreisfreien Städte entfallenden Anteile des insgesamt 457 Millionen Euro umfassenden Förderpakets, von dem der Bund in aller Regel 75 Prozent der Förderung trägt. Denn der Landeshauptstadt ist es gelungen, mit fast 100 Millionen deutlich mehr als ein Fünftel des Gesamtbetrags abzugreifen.
Zurückzuführen ist dies vor allem auf die Tatsache, dass die knappe Hälfte der Summe nicht nach einem Regionalschlüssel verteilt wurde. Über sie entschieden vielmehr die Potsdamer Ministerialbürokraten. Dies führte dann dazu, dass von den verbliebenen rund 220 Millionen Potsdam mehr als 35 Prozent der Mittel abbekam. Zu dem Zeitpunkt allerdings, als dieses Programm zur Förderung der Konjunktur in die Wege geleitet und dann in Brandenburg umgesetzt werden sollte, wies die Landeshauptstadt schon mit einigem Abstand weitaus bessere konjunkturelle Merkmale auf als die restlichen Städte und Kreise Brandenburgs.
Die drei anderen kreisfreien Städte des Landes, von wesentlich höheren Arbeitslosenquoten geplagt, kommen zusammengerechnet gerade einmal auf 68,6 Millionen Euro an Geldfluss, wobei Cottbus mit 34,9 Millionen noch am besten, Brandenburg/Havel mit 13,7 Millionen Euro am dürftigsten abschneidet. Dabei sind alle vier dieser kreisfreien Städte – Frankfurt (Oder) zählt noch dazu – Oberzentren mit zusätzlichen Funktionen für ihre Nachbarkreise und auch Hochschulstandorte.
Die Kreise und ihre Kommunen bewegen sich ebenfalls in etwa auch in einem Rahmen zwischen 12 und 30 Millionen Euro, obwohl einige von ihnen bedeutend mehr Einwohner aufweisen als Potsdam und alle mit größeren wirtschaftlichen Problemen zu kämpfen haben. So bekam die Prignitz beispielsweise 14,2 Millionen, die Uckermark 15,4 und Elbe-Elster 15,6 Millionen Euro an Steuergeldern. Potsdam hat auf fast allen Gebieten, auf denen die in seinen Mauern beheimateten Ministerien zu entscheiden hatten, den Löwenanteil der Förderung abbekommen. Dies trifft in besonderem Maße für die 70 Millionen zu, die aus dem Topf für die Universitäten und sonstigen wissenschaftlichen Einrichtungen bereitgestellt wurden.
Über 40 Millionen fließen nach einer überschlägigen Rechnung davon in die Einrichtungen, die in der Landeshauptstadt angesiedelt sind. Darunter sind erstaunlicherweise einige Projekte des Studentenwerks, die für deutlich über 15 Millionen Euro das Angebot an Studentenwohnungen erhöhen und damit vor allem den städtischen Wohnungsmarkt entlasten, mit wissenschaftlicher Proflilierung aber nicht das geringste zu tun haben. Cottbus bringt es dabei auf knapp 10 Millionen und ähnlich schlecht schneiden vergleichsweise die anderen Hochschulstandorte ab.
Auch im Gesundheitssektor, für den 25 Millionen Euro bereitgestellt wurden, ist der weitaus größte Posten mit beinahe 10 Millionen Euro die Sanierung des Ernst-von-Bergmann-Klinikums. Auch bei den Sportstätten, die über das Bildungsministerium auf die Liste kamen, liegt Potsdam weit vorne. Da ist die weitaus größte Einzelmaßnahme der Neubau einer Mehrzwecksporthalle mit 15 Millionen Fördersumme. Das Finanzministerium, mit die seltsamen Konzentration der Mittel konfrontriert, verweist auf die Verantwortung der Ministerien, die in fachlicher Zuständigkeit die Förderung befürworteten. Nachfragen dort sind weitgehend ziellos, weil in allen Ressorts die politisch verantwortlichen längst gewechselt haben. Auch im Landtag wurde die Bevorzugung der Landeshauptstadt beim Wiederankurbeln der Konjunktur bislang nicht thematisiert. (mit axf)
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