Brandenburg: Die letzte große Reform
Landtag beschloss neue Kommunalverfassung, neues Wahlrecht und die doppelte Haushaltsführung
Stand:
Potsdam - Der brandenburgische Landtag hat gestern eine neue Kommunalverfassung verabschiedet. Sie soll nach dem Willen der Landesregierung die Eigenverantwortlichkeit der Kommunen stärken und die Direktwahl der Landräte vom 1. Januar 2010 ermöglichen. Das novellierte Gesetzeswerk gilt als letztes großes Reformvorhaben der SPD/CDU-Koalition in dieser Legislaturperiode und wird von 2008 an gelten.
Es fasst die bisher voneinander getrennten Gemeinde-, Amts- und Landkreisordnungen zusammen. Mit dem ebenfalls geänderten Kommunalwahlgesetz können die Europawahlen von 2014 an gleichzeitig stattfinden. Die Regierung erhofft sich davon eine höhere Beteiligung an der Europawahl. 2004 lag sie in Brandenburg bei knapp 27 Prozent. Ferner sind künftig auch Obdachlose wahlberechtigt und wählbar. Als Termin für die nächsten Kommunalwahlen in Brandenburg wird der 28. September 2008 angestrebt.
Mit der Gesetzesnovellierung würden überflüssige Normen und Standards abgebaut, sagte Innenminister Jörg Schönbohm (CDU). Er sprach von einem persönlich „wichtigen Tag“. Geradezu „revolutionär“ sei die Einführung der doppelten Buchführung (Doppik), die das alte kameralistische Rechnungswesen endgültig ab 2011 ablöst, meinte der SPD-Abgeordnete Ralf Holzschuher. Scharfe Kritik kam dagegen vom Innenexperten der oppositionellen Linksfraktion, Hans- Jürgen Scharfenberg: kein großer Wurf und die Fortsetzung des Trends, die Kommunen wie „Außenstellen der Landesregierung“ zu behandeln.
Die „größte Enttäuschung“ sei, wie die wirtschaftliche Betätigung der Kommunen geregelt sei, sagte Scharfenberg. Während erst geplant gewesen sei, den Spielraum kommunaler Unternehmen zu vergrößern, sei er jetzt eher eingeengt. Es hätte auch nichts dagegen gesprochen, die direkte Wahl der Landräte schon vom nächsten Jahr an zuzulassen. Hier hielt auch der CDU-Abgeordnete Sven Petke dem Koalitionspartner SPD eine Entscheidung aus reinem Machtkalkül vor und bemerkte mit Blick auf den Stichtag 1. Januar 2010: „Das ist die zweitbeste Regelung.“ Bis dahin könnten freiwerdende Landratsposten noch von den Kreistagen besetzt werden. Bis Anfang 2010 scheiden 12 der 14 Landräte aus dem Amt. Derzeit stellt die SPD zehn der obersten Verwaltungschefs in den Kreisen. Die SPD wies den Vorwurf zurück.
Gemäß der neuen Kommunalverfassung darf es künftig keine geheimen Abstimmungen mehr in öffentlicher Sitzung von Gemeindevertretungen geben, um hier die „Transparenz der Entscheidungsfindung“ zu erhöhen.
Außerdem erhöht sich die Altersgrenze für erstmals zur Wahl stehende Landräte, hauptamtliche Bürgermeister und Beigeordnete von bisher 57 auf 62 Jahre, womit sie ihr Amt bis zum 70. Lebensjahr und nicht mehr nur bis zur gesetzlichen Altersgrenze von 65 ausüben könnten.
Hauptamtliche Bürgermeister dürfen nicht Mitglied einer Fraktion sein, um ihre Überparteilichkeit im Amt zu gewährleisten. Ronald Bahlburg
Ronald Bahlburg
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: