Bahnverkehr: Die Linke warnt Vogelsänger vor Stilllegungen
Die Zukunft des regionalen Bahnverkehrs im Land Brandenburg droht zum Streitthema in der rot-roten Landesregierung zu werden.
Stand:
Potsdam - Nach PNN-Informationen hat das SPD-geführte Infrastrukturministerium bereits eine Vorauswahl von Strecken zusammengestellt, die wegen zu schwacher Auslastung gestrichen werden könnten. Verkehrsexpertin Kornelia Wehlan vom Koalitionspartner Linke warnte am Montag Infrastrukturminister Jörg Vogelsänger (SPD) davor, eigenmächtig eine Streichliste vorzulegen. Wehlan verwies dabei auf den Koalitionsvertrag. „Da steht, keine Bahnstrecke wird abbestellt“, so Wehlan.
Auf der Kippe stehen offenbar die Verbindungen Löwenberg-Rheinsberg, Britz-Joachimsthal, Königs Wusterhausen-Storkow-Frankfurt (Oder), Eberswalde-Frankfurt (Oder) und Angermünde-Stettin. Auch die Prignitz ist betroffen. Die Verbindungen sind in Unterlagen für den Nahverkehrsplan 2013-2017 hervorgehoben und werden als unwirtschaftlich angesehen.
Bereits vergangene Woche hatte Vogelsänger wie berichtet im Landtag angekündigt, dass wegen zurückgehender Bundesmittel der regionale Schienenverkehr auf den Prüfstand stehe. Ein wichtiges Kriterium für den Fortbestand einzelner Linien würden die Fahrgastzahlen sein, hatte der Minister gesagt. Richtgröße wäre eine Auslastung von nicht weniger als 500 Fahrgästen am Tag. Auf der kommenden Regionalkonferenz des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) am 23. April werde Vogelsänger das „komplette Paket“ vorstellen, kündigte gestern Ministeriumssprecher Jens-Uwe Schade an. Die angeblich bereits zur Disposition stehenden Verbindungen wollte er nicht kommentieren. Über den Fortbestand einzelner Strecken sei noch nicht entschieden, sagte Schade lediglich. Derzeit befinde man sich in Gesprächen mit den 41 Verkehrsunternehmen sowie den Kreisen und den kreisfreien Städten des Landes. Bei der Bewertung sei die Auslastung ein wichtiges, aber nicht das einzige Kriterium. „Klar ist aber, es wird Abbestellungen geben“, so der Ministeriumssprecher.
„Das ist keine Entscheidung des Ministers allein“, konterte Wehlan dagegen. Vogelsängers Verhalten signalisiere ihr, dass sich unbedingt die Koalitionsspitzen zu diesem Thema zusammensetzen müssten. Bestehende Probleme bei der Wirtschaftlichkeit einiger Strecken ließen sich möglicherweise auch auf anderem Wege mindern, meinte Wehlan weiter. „Etwa durch veränderte Taktzeiten.“
Rainer Genilke, Verkehrsexperte der CDU-Fraktion, warnte Rot-Rot davor, bevölkerungsarme Regionen von der wirtschaftlichen Entwicklung abzukoppeln. Schließlich werde von den Arbeitnehmern verlangt, auch weite Wege zum Arbeitsplatz zu pendeln, sagte Genilke gestern. „Doch je mehr der Nahverkehr abgebaut wird, desto unattraktiver wird er. Die Folgen sind weitere Streckenschließungen und mehr Pkw-Verkehr.“
Das befürchtet auch Edelgard Schimko von der Kreisverwaltung Prignitz, die die Verhandlungen mit dem Infrastrukturministerium führt. Nachdem das Land bereits vor Jahren die Verbindung Pritzwalk-Putlitz abbestellt habe, stehe jetzt die Strecke Pritzwalk-Meyenburg zur Disposition. „Da liegen die Fahrgastzahlen deutlich unter der Marke 500“, räumte Schimko gestern ein. Doch ohne Nahverkehr bleibe nur das Auto. „Oder sollen wir etwa lieber zu Hause bleiben?“
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: