Brandenburg: Die nächste Welle
Finanzminister Speer unter Druck: Jetzt opponieren selbst seine Finanzbeamten offen gegen ihn
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Potsdam - Die Pensions-Affäre um die Altersversorgung für Ex-Infrastrukturminister Frank Szymanski ist noch nicht ausgestanden, da rollt die nächste Welle auf die Landesregierung zu: Die Landesbeamten und die Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes erhöhten gestern den Druck wegen der geplanten Streichung des Weihnachtsgeldes für die Landesbeamten und wegen ähnlicher Pläne für die Angestellten des Landes. Der Personalrat des Technischen Finanzamtes Cottbus forderte indirekt in einem Brief an Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) gar den Rücktritt von Finanzminister Rainer Speer (SPD). Seit Wochen wird die Landesregierung mit Protestbriefen aus allen Bereichen des Landesdienstes überschüttet. Speer liegen Protestnoten aus allen Finanzämtern vor. Wegen seines umstrittenen, teils als ruppig eingeschätzten Auftretens gegenüber den Gewerkschaften, in den Pensions-Affäre und beim Streit um den Landtagsneubau in Potsdam, steht Speer seit Wochen massiv in der Kritik.
In dem Brief des Technischen Finanzamtes Cottbus, in dem mehr als 150 Beamte arbeiten und das für die Technik und Software aller Finanzämter zuständig ist, werden auch alle anderen Finanzamtsmitarbeiter des Landes aufgefordert, alle in den vergangenen drei Jahren angesammelten Überstunden im Jahr 2007 abzubummeln. Wenn das Land seine finanziellen Zusagen nicht einhalte, dann könnten die Beamten auch ihre auf den Arbeitszeitkonten angehäuften Überstunden abbummeln. Speers Umgang mit den Landesbeschäftigten und Gewerkschaften kommentierte Personalratschef Gerd banek so: „Es gab Zeiten in der Politik, da war es noch üblich, dass wenn ein Minister des Wortbruchs überführt wurde, dieser seinen Rücktritt erklärte. – Herr Speer ist bis heute nicht zurückgetreten.“ Speer habe den Wortbruch gegenüber den Gewerkschaften öffentlich mehrfach eingestanden, schreibt Banek in dem Brief an Platzeck.
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) und die Deutsche Polizeigewerschaft (DPolG) riefen gestern wegen der Kürzungen, denen der Landtag noch zustimmen muss, landesweit die Polizisten auf, das Einnehmen von Verwarngeldern ab heute auf das äußerste Minimum zu reduzieren. Da die Landesregierung offenbar nicht zum Einlenken bereit sei, müsse sie weiter unter Druck gesetzt werden. Beim Thema Geld sei die am empfindlichsten zu treffen. Erst in der vergangenen Woche hatten in Potsdam mehr als 8000 Landesdiener gegen die Sparpolitik protestiert.
Alle Gewerkschaften und Berufsorganisationen des öffentlichen Dienstes – von der Polizei über die Lehrer und Justizvollzugsbeamten bis hin zu Richten und Staatsanwälten – werfen vor allem Finanzminister Speer Wortbruch vor. Er verstoße gegen zentrale Absprachen und Vereinbarungen. Beide Seiten hätten sich im Jahr 2003 auf einen Solidarpakt geeinigt. Die Beamten hatten Geld- und Personaleinsparungen zugestimmt. Im Gegenzug sollte ihnen ab 2007 das Weihnachtsgeld wieder ungekürzt gezahlt werden. Speer hatte dies einseitig aufgekündigt und ohne Gespräche mit den Gewerkschaften einen Gesetzentwurf vorgelegt, wonach in diesem Jahr die Sonderzahlung erneut gekürzt und ab 2007 ganz gestrichen werden soll. Da Speer Ähnliches für die Bediensteten im Angestelltenstatus anstrebt, werfen ihm die Gewerkschaften nun offen Vertragsbruch vor. Gespräche mit Speer lehnen inzwischen alle beteiligten Gewerkschaften offen ab. Er sei derzeit kein glaubhafter und vertrauenswürdiger Verhandlungspartner.
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