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Brandenburg: Die Natur erobert einen Truppenübungsplatz zurück

Das Untere Urstromtal Baruth, wo seit fast 130 Jahren scharfe Bomben, Granaten und Artilleriefeuer den Boden malträtierten, ist wieder mit Leben erfüllt

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Das Untere Urstromtal Baruth, wo seit fast 130 Jahren scharfe Bomben, Granaten und Artilleriefeuer den Boden malträtierten, ist wieder mit Leben erfüllt Luckenwalde - Mit Heidekraut bunt überwucherte Hügel, weiß-grüne leuchtende Birkenwälder aber auch noch weitläufige Sandlandschaft. Die Natur erobert mit einem zarten Wuchs den ehemaligen Truppenübungsplatz Forst-Zinna (Teltow-Fläming) zurück. Wo sich Anfang der 90er Jahre noch blassweißer märkischer Sand fast bis zum Horizont erstreckte, haben nun Flora und Fauna die Regie übernommen. Das Untere Urstromtal Baruth, wo seit fast 130 Jahren scharfe Bomben, Granaten und Artilleriefeuer den Boden malträtierten, ist langsam wieder mit Leben erfüllt. Unzählige Kleintierarten, Gräser und Kräuter und auch Rehwild bevölkern die aufgewühlte, verbrannte und mit Tonnen von Munition übersäte Erde. Der nährstoffarme Sand bietet bestimmten Tier- und Pflanzenarten idealen Lebensraum. Die Stiftung Naturlandschaften Brandenburg hat unter dem Motto „Wildnis stiften“ 7000 Hektar Militärgelände übernommen und überlässt die Natur sich selbst. Behutsam soll die Wildnis für Besucher erlebbar gemacht werden. Schon zu Kaisers Zeiten wurde auf dem Areal militärisch geübt und scharf geschossen. Dann entdeckte die Wehrmacht das Gelände südlich von Berlin für ihre Zwecke und nach dem Zweiten Weltkrieg war die russische Armee Hausherr. „Durch die intensive militärische Nutzung wurden große Teile des Gebietes in eine Zeit wie vor 12 000 Jahren zurückversetzt“, erläuterte der Stiftungsvorsitzende Hubertus Meckelmann. „Denn das Urstromtal war wie in grauer Vorzeit vegetationslos und eine einzige sandige Fläche.“ Die Militärs brauchten für ihre Schießübungen freie Sicht. Sollte sich trotz der massiven Einschläge - die Krater haben einen Durchmesser von fünf Metern und sind zwei Meter Tief - dennoch ein Strauch oder ein Baum im Sand festgesetzt haben, wurden sie durch die Flammen aus den Panzerauspuffrohren verbrannt. Auf dem zentralen Teil des Schießplatzes haben sich in den letzten zehn Jahren wieder Pflanzen breitgemacht. „Es geht mit Moosen, Flechten und Silberrasen los. Dann kommt die Heide, dann kommt auch der Ginster und die ersten Aspen“, beschreibt Meckelmann die Entwicklung. „Alle Pflanzen sind nicht typisch für die Region. Sie entwickeln sich nach den menschlichen Eingriffen.“ Es werde sich hier Wald entwickeln, doch nicht als große Fläche, immer wieder mosaikartig mit Heide- oder offenen Flächen unterbrochen. Die Russen haben nach ihrem Abzug ungewollt etwas hinterlassen, was an ihre ferne Heimat erinnert - Birken so weit das Auge reicht. Ähnlich wie in der Tundra entwickeln sich weitläufige Wälder. Ungewöhnlich in einer Region, wo Kiefern und Tannen das Bild prägen. In dem Gebiet hat es bisher keine Eingriffe durch Land- oder Forstwirtschaft gegeben. „Wir verfolgen auch keinen wirtschaftlichen Zweck“, bekräftige der Stiftungsvorstand. Es sollen nur Wege in Ordnung gebracht werden. Die Stiftung will das etwa 10 mal 14 Kilometer große Gebiet in den kommenden Jahren mit über 30 Kilometern Wanderwege für Besucher erlebbar machen. Eine schier endlose Arbeit mit einem hohen Kostenaufwand. In einem ersten Schritt wurden 5000 Pfähle mit Warnhinweis auf die Gefahr durch Munition aufgestellt. „Ein Meter Wanderweg kostet rund 50 Euro“, berichtet Petra Riemann, die wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stiftung ist. Neben einem etwa drei Meter breiten Weg müssen jeweils an den Seiten auf zwölf Metern Munition geräumt werden. Zudem kostet der Unterhalt für einen Hektar Naturschutzfläche rund 20 Euro pro Jahr. In dem sich langsam wieder erholenden weitläufigen Areal ist auch eine Zeitreise in die Zukunft möglich. Denn umsäumt wird das mehrere Quadratkilometer große Naturgebiet von einem etwa 40 Jahre alten Baumgürtel. Zwischen den Birken haben sich Kiefern ihren Platz erobert, stehen vereinzelt Lärchen und auch Eichen machen sich nach und nach breit. Damit sich Naturfreunde in dem weitläufigen Areal nicht verlieren, werden geführte Exkursionen angeboten. „Wir bieten Wanderungen zu den Themen Landschaftsökologie oder auch Landschaftsgeschichte an“, sagt Meckelmann. In dem Gebiet gibt es aber auch Rundgänge zu bestimmten Pflanzenthemen oder Vogelarten. Neben den vorgegebenen Terminen können Gruppen auch auf Anfrage eine Führung bekommen, sagt Riemann.

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