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Brandenburg: Die neuen Töne des Manfred Stolpe

Als SPD-Wahlkämpfer provoziert und polemisiert der Ex-Regierungschef ungewohnt scharf

Von Thorsten Metzner

Potsdam. Wie viele Wahlkampfauftritte er schon absolviert hat, weiß Brandenburgs Ex-Ministerpräsident nicht. „Ich habe sie nicht gezählt“, sagt Manfred Stolpe. Sein neues Büro im Landtag hat er bisher jedenfalls nur selten zu Gesicht bekommen. Und Stolpe, sonnengebräunt, lächelnd, wirkt lockerer als früher. Ganz so, als fühle er sich pudelwohl in dieser, für ihn ungewöhnlichen Rolle als Wahlkämpfer Gerhard Schröders.

Es schwingt Genugtuung mit, wenn der 66-Jährige sagt, dass der Trend für die SPD im Osten inzwischen „erfreulich gut“ sei, dass seit fünf Wochen Schröder hier weit vor dem Unionskandidaten Edmund Stoiber liege. Diese Trendwende sei nicht auf das Flut-Krisenmanagement des Kanzlers zurückzuführen, sagt Stolpe. Vielmehr sei es die „Langzeitwirkung“ des Rufes von Stoiber in den neuen Ländern: Man brauche hier nur an die Rolle Bayerns beim Streit um den Länderfinanzausgleich zu erinnern – „das reicht“. Auch sonst macht ihm das Wahlkämpfen keine Mühe. Die Ostdeutschen könne man schon mit „flotten Sprüchen, ein bisschen Polemik begeistern“. Stolpe, der wie kaum ein anderer die Ost-Seele kennt, kann das ausnutzen. So war es natürlich kein Ausrutscher, als er unlängst ungewohnt polemisierte, dass Stoiber die Schauspielschule besuchte, als Kanzler Schröder sich um die Flutopfer gekümmert habe. Mit CDU-Chef Jörg Schönbohm, der sich darüber aufregte, sei er wieder „im Reinen“, sagt er dazu nur.

Doch der Ex-Regent ist als Wahlkämpfer nicht immer bequem für seine Genossen. Mal warnt er, dass er die Versprechungen von Schröder und Stoiber, es werde keinem nach der Flut schlechter gehen, „für gefährlich“ halte. Die Intention sei zwar richtig, aber zu nahe liege die Assoziation zu jenem Versprechen von Helmut Kohl nach der Wiedervereinigung. Oder, wenn er erklärt, dass das von der Bundesregierung gerade beschlossene Finanzierungspaket zur Bewältigung der Flutschäden nicht ausreicht, und deshalb notfalls auch auf die von der Union vorgeschlagene Abschöpfung der Bundesbankgewinne zurückgegriffen werden müsse. Ein gezielter Affront gegen Gerhard Schröder, mit dem Stolpe in der Vergangenheit des Öfteren über Kreuz lag.

Ministerpräsident Matthias Platzeck fühlte sich prompt zur Schlichtung aufgerufen: „Wir sollten jetzt nicht über Dinge streiten, von denen niemand weiß, ob sie eintreffen.“ Es seien, sagt Stolpe, „keine kritischen Anrufe“ gekommen. Er habe ja nur den Hinweis gegeben, dass es „keine Tabus geben darf, auch nicht die Bundesbankgewinne“. Stolpe weiß, dass er einen Stein ins Wasser geworfen hat, der seine Kreise ziehen wird. Und wenn der Wahlkampf vorüber ist? Setzt Stolpe, wie nicht wenige angesichts seines Tatendrangs spekulieren, auf ein bundespolitisches Amt, etwa als Ost-Beauftragter einer neuen Schröder-Regierung? Er winkt ab, mit verblüffender Vehemenz. Nein, er habe als Landtagsabgeordneter und Vorsitzender des SPD-Forums Ost genügend tun. Er habe kein Interesse, als Bundesminister oder Ostbeauftragter „wieder Frondienste“ zu leisten, so Stolpe: „Ich habe in meinem Leben genügend Akten gewälzt.“

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