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Brandenburg: Die Saat ist aufgegangen
Nach zehn Jahren Regionale Wachstumskerne zieht die Landesregierung eine positive Bilanz
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Potsdam - Das Konzept der 15 regionalen Wachstumskerne in Brandenburg hat sich nach Auffassung der Landesregierung seit gut zehn Jahren bewährt. Die Kerne unter dem Motto „Stärken stärken“ seien Motoren der regionalen Entwicklung, sagte Wirtschaftsminister Albrecht Gerber (SPD) am gestrigen Dienstag in Potsdam.
Gerber kündigte zugleich drei neue Projekte an. So soll in Potsdam in Infrastrukturmaßnahmen investiert werden, um am Wirtschafts- und Wissenschaftsstandort Golm weitere Technologieunternehmen ansiedeln zu können. Wie berichtet wollen die Stadt und die Universität Potsdam mit Hilfe des Landes den Campus in den nächsten zehn Jahren um rund 40 000 Quadratmeter Ansiedlungsfläche für Firmen erweitern. Die Grundstücke dafür stellt das Land zur Verfügung. Entwickelt und vermarktet werden sollen die Flächen zum Teil von einem gemeinsamen Standortmanagement der Universität und der Stadt.
Am S-Bahnhof in Königs Wusterhausen (Dahme-Spreewald) ist dagegen ein Fahrrad-Parkhaus mit 600 Plätzen geplant, um Pendler anzulocken. Bis 2020 soll zudem das neue Mobilitätskonzept im Bahnhofsumfeld der Stadt einschließlich Carsharing auch durch ein Pkw-Parkhaus ergänzt werden. Laut Stadt stellt das Land diesbezüglich bereits eine Förderung in Höhe von eineinhalb Millionen Euro in Aussicht.
Drittes Projekt ist eine Brücke bei Spremberg (Spree-Neiße), die eine Bahnanlage am Tagebau Welzow-Süd überqueren soll. Zusammen sollen insgesamt rund zehn Millionen Euro in die Vorhaben investiert werden.
Seit dem Start der Wachstumskerne vor elf Jahren seien 166 solcher Projekte auf den Weg gebracht worden, sagte Minister Gerber. 102 davon wurden bereits abgeschlossen, 64 werden noch umgesetzt. Die Fördermaßnahmen sollen helfen, dass sich Firmen verstärkt in einer Region ansiedeln, in denen die jeweils benötigten Kompetenzen schon vertreten sind.
Der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Fraktion, Dierk Homeyer, erklärte, die CDU habe damals für dieses Modell gekämpft. „Nach zehn Jahren muss man aber feststellen, dass einige Strukturen etwas verkrustet wirken.“ Er forderte, den Zuschnitt der Kerne regelmäßig zu überprüfen. „Es muss die Möglichkeit geben, in die Liga der Wachstumskerne aufzusteigen. Das bedeutet mehr Wettbewerb, wäre fair und würde Brandenburg gut tun.“ Die rot-rote Landesregierung hatte sich darauf festgelegt, in dieser Wahlperiode die Kerne nicht zu verändern.
Ludwigsfeldes Bürgermeister Andreas Igel (SPD) schilderte das Konzept anhand seiner Region, die sich unter anderem auf Fahrzeugtechnik und Luftfahrt konzentriert. Wichtige Arbeitgeber sind Daimler, Volkswagen und MTU. Vergangenes Jahr überschritt die Stadt die Marke von 25 000 Einwohnern, inzwischen pendeln 2300 Menschen mehr in die Stadt im Berliner Speckgürtel hinein als heraus. Als neues Projekt sei nun ein weiteres Industriegebiet mit guter Verkehrsanbindung geplant, sagte Igel.
Mit den Wachstumskernen will das Wirtschaftsministerium auch dem drohenden Fachkräftemangel in vielen Industrien begegnen. Dort, wo es eine kritische Masse gebe, gingen die Leute eher hin, sagte Gerber. Dabei betrifft der Fachkräftemangel längst nicht nur den ländlichen Raum. Auch in Potsdam und Umgebung haben Firmen immer mehr Probleme, Jobs zu besetzen. Um fast 48 Prozent war die Zahl der freien Stellen in der Stadt nach Angaben der Potsdamer Agentur für Arbeit allein zwischen 2015 und 2016 gestiegen.
Vorteile böten die Wachstumskerne laut Gerber aber auch für die Ausbildung oder den Wechsel von Arbeitnehmern von einer zu einer anderen Firma, die in einem ähnlichen Bereich arbeite. Grundsätzlich sind die Fördermöglichkeiten für Firmen aber unabhängig von ihrem Standort in Brandenburg gleich.
Als Beleg für den Erfolg der Wachstumskerne führte der Landeswirtschaftsminister auch eine Statistik über die Zahl der sozialversicherungspflichtigen Jobs pro 1000 Einwohner an. Diese habe im Landesdurchschnitt vergangenes Jahr bei 327 Arbeitsplätzen gelegen. In den Wachstumskernen lag die Zahl dagegen zwischen 394 und 566. Spitzenreiter war dabei Spremberg, auf Platz zwei folgte Ludwigsfelde. Insgesamt arbeitet fast jeder zweite sozialversicherungspflichtig Beschäftigte in Brandenburg in einem Wachstumskern.
Die 15 Wachstumskerne sind über das ganze Land verteilt und bestehen aus einzelnen Gemeinden oder mehreren Gemeinden zusammen. So besteht etwa der Wachstumskern Schönefelder Kreuz aus Königs Wusterhausen, Wildau und Schönefeld. Im Wachstumskern Prignitz sind Perleberg, Wittenberge und Karstädt zusammengeschlossen. Die Themen reichen vom Tourismus über die Ernährungswirtschaft bis hin zur Chemie. (mit mat)
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