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Brandenburg: Die Schorfheide hat Durst

Groß Schönebecker Initiative will geklärte Abwässer nicht mehr in die Havel leiten

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Groß Schönebecker Initiative will geklärte Abwässer nicht mehr in die Havel leiten Von Juliane Sommmer Groß Schönebeck. „Am liebsten“, sagt der Bürgermeister der neu gegründeten Großgemeinde Schorfheide, Uwe Schoknecht, „sind mir Initiativen, die von unten wachsen.“ Die Aktion, die die Einwohner des Ortsteils Groß Schönebeck jetzt gestartet haben, ist so eine. Sie wollen die Abwässer, die durch den Trink- und Abwasserverband Liebenwalde (TAW) geklärt werden, nicht mehr in die Havel leiten lassen, sondern sie zurück in die Schorfheide pumpen. „Nachdem sie geklärt sind, versteht sich“, sagt Schoknecht. „Und das ist wirklich eine gute Initiative, die meine vollste Unterstützung findet.“ Denn die Schorfheide leidet schon seit Jahrzehnten an Wassermangel. Jährlich sinkt der Grundwasserpegel in Mitteleuropas größtem zusammenhängenden Waldgebiet um bis zu fünf Zentimeter. Und in Liebenwalde fallen jährlich bis zu 500 000 Kubikmeter Abwasser an, die bislang noch ungehindert in die Havel gelangen und in Richtung Nordsee verschwinden, obwohl sie in der Region dringend gebraucht würden. „Wenn wir noch mehrere Jahrzehnte tatenlos zusehen, dann erleben wir die Versteppung der Landschaft“, ist Schoknecht überzeugt. Eine maßlos überzogene Meliorierung zu DDR-Zeiten, mit der Feuchtgebiete für die Gewinnung von Grün- und Ackerland trockengelegt wurden und die Kiefernmonokulturen sind zwei von mehreren Gründen für das Verdursten der Schorfheide. „Die Kiefern bereiten Probleme, weil sie das Regenwasser nicht halten können. Es verdunstet sofort wieder“, sagt der Gewässer-Experte des Biosphärenreservates Schorfheide-Chorin, Rüdiger Michels. Die Reservatsverwaltung begrüßt die Groß Schönebecker Initiative. Denn dass die Region mehr Wasser verliert als bekommt, bereitet auch den Naturschützern große Probleme. „Die Auswirkungen auf die Natur sind bereits jetzt verheerend“, sagt Michels. Beispielsweise gerät das Waldumbauprogramm des Landes Brandenburg in Gefahr, das aus den Kiefernmonokulturen wieder Laubmischwälder machen will. „Förster berichten darüber, dass die wenigen noch vorhandenen alten Eichen der Schorfheide abzusterben drohen, weil ihnen das Wasser fehlt. Wie sollen dann junge Eichen überleben können“, fragt Schoknecht. Andererseits braucht die Schorfheide, die früher ein dicht mit Eichen bestückter Laubmischwald war, diese Bäume, um ihren Wasserhaushalt wieder besser regulieren zu können. „Hier greift eins ins andere. Und wenn wir den Niedergang des Waldes wirklich stoppen wollen, müssen wir mehrere Schritte gleichzeitig gehen“, ist Schoknecht überzeugt. Doch bei der ersten Vorstellung des Abwassereinleitungsprojektes vor Beamten des Landesumweltamtes und Vertretern des Biosphärenreservates „meldeten sich zunächst die Bedenkenträger und sagten uns, was alles nicht geht“, sagt Schoknecht. „Das Zurückpumpen in die Schorfheide sei zu teuer, die geklärten Abwässer müssten ständig überwacht werden und so weiter. Wir werden dennoch an dem Projekt festhalten“, bekräftigt der Bürgermeister von Schorfheide. Nicht zuletzt deshalb, weil die Landschaft und ihr Reichtum an Wäldern und Seen der größte Trumpf der Gemeinde ist. „Wir setzen auf den Tourismus“, sagt Schoknecht. „Und wie sollen wir Touristen gewinnen können, wenn hier nur noch Steppe ist.“

Juliane Sommmer

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