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Brandenburg: Die Stärken stärken

Thorsten Metzner

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Thorsten Metzner Sommerferien, Zeit zur Besinnung. Das täte auch den Bildungspolitikern in Brandenburg ganz gut, bevor im August wieder die Fetzen fliegen. Dann geht ein Grundsatzstreit in die Schlussrunde, bei dem bisher die Positionen der Koalitionäre von SPD und CDU schier unversöhnlich sind: Werden die nach 1999 eingeführten „Leistungsprofilklassen“ wieder abgeschafft, in denen Kinder ausnahmsweise schon nach dem 4. Schuljahr aufs Gymnasium wechseln dürfen – statt regulär zum 7. Schuljahr? Das Aus wollen, wenn auch etwas verbrämt, die Sozialdemokraten und ihr Neu-Genosse, der vorher parteilose Bildungsminister Holger Rupprecht. Oder sollen diese Begabten-Klassen fester Bestandteil im Schulsystem bleiben? Darauf pocht die Union, die das „4 plus 8 Modell“ zum Abitur einst durchsetzte. Was anders als bei den „Kopfnoten“ oder dem Zentralabitur die Einigung leider erschwert: Der Konflikt berührt den Streit der Ideologien, ob nun langes gemeinsames Lernen a la Finnland oder gegliederte Schulsysteme besser sind. Nur, dafür sind die Leistungsprofilklassen das falsche Feld. Mag die SPD noch so oft behaupten, dass die gemeinsame sechsjährige Grundschule für alle Kinder – Brandenburg ist im Konzert der Bundesländer eine Ausnahme damit - durch den früheren Abzug der Besseren in Gefahr gerate. Es bleibt ein Vorwand, weil es um ganze 29 Klassen im Land geht, also um gut zwei pro Landkreis. Die Sozialdemokraten selbst haben mit ihrem Veto dafür gesorgt, dass es Ausnahmen blieben. Ganz nüchtern betrachtet: Es wäre kurzsichtig, die Schnell-Lern-Klassen auszubremsen, weil sie zurzeit beinahe das einzige einigermaßen flächendeckende Angebot zur intensiven Förderung von begabten Schülern im Grundschulalter sind, das in Brandenburg überhaupt existiert. Mehr noch: Die Leistungsprofilklassen sind erfolgreich, wie das Landesinstitut für Schule und Medien diagnostiziert. Man ahnt, warum dessen seit Dezember 2004 im sozialdemokratisch geführten Bildungsministerium vorliegende Studie bislang nicht offiziell veröffentlicht wurde. Aber auch die demnächst fertige Folgestudie wird zum gleichen Ergebnis kommen: Siebentklässler, die schon nach dem vierten Schuljahr an die Gymnasien wechselten, sind anderen Achtklässlern ebenbürtig, teilweise sogar voraus. Sie würden das nie schaffen, wären sie an den Grundschulen geblieben. Die Schnell-Lern-Klassen helfen also, das immer noch zu geringe Niveau des Bildungssystems in Brandenburg anzuheben. Man muss sie fördern, wenn das Land in den nächsten PISA-Studien besser abschneiden will. Schon die Debatte über ihren Fortbestand ist schädlich, zumal die ins Spiel gebrachten Alibi-Alternativen – eine Handvoll von ins Land gestreuten Spezialklassen für sprachliche, musische oder mathematische Talente – unausgegoren und nicht finanziell untersetzt sind. Die verunsicherten Eltern haben aber ein Recht auf Klarheit, ob es sich lohnt, ihre Kinder für die Leistungsklassen anzumelden. Ganz nebenbei: Wo bleibt die „Hochbegabtenförderung“ mit einem Landes-Internatsgymnasium für Kinder mit Top-IQs wie in Sachsen, das Brandenburg mit seinem Netz an Universitäten, Fachhochschulen und dem ehrgeizigen Regierungsziel, den künftigen Wohlstand durch Wissen zu sichern, längst bräuchte? Das Credo von Ministerpräsident Matthias Platzeck für den zweiten Aufbruch Brandenburgs lautet: „Die Stärken stärken.“ Das gilt auch für die Bildungspolitik.

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