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Brandenburg: Die Wege der Polizei sind unergründlich Spontane Routenwahl, weiträumige Sperrungen: Nach Papstbesuch steht Berlin zum Marathon still

Berlin - Eines hat der Papstbesuch gezeigt – bei Großveranstaltungen steht der Autofahrer im Stau. Das Verkehrschaos vom Donnerstag dürfte sich an diesem Marathon-Wochenende fortsetzen.

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Berlin - Eines hat der Papstbesuch gezeigt – bei Großveranstaltungen steht der Autofahrer im Stau. Das Verkehrschaos vom Donnerstag dürfte sich an diesem Marathon-Wochenende fortsetzen. „Trotz aller Bemühungen der über 700 eingesetzten Beamten werden Verkehrsbeeinträchtigungen nicht völlig zu vermeiden sein“, warnte das Polizeipräsidium gestern. Aus den vorangegangenen Marathon-Jahren ist bekannt, dass früher gesperrt wurde als zuvor angekündigt – und die Autofahrer unversehens in der Falle saßen, umgeben von Läufern.

Am Donnerstag schützten 6500 Polizisten den Papst – doch keiner regelte den Verkehr. Das Präsidium verteidigte das Vorgehen: Verkehrsregelung sei zweitrangig, hieß es, absoluten Vorrang habe die Sicherheit des Vatikanchefs. Doch die Profis im Verkehr sind unzufrieden. „Hier wird doch seit Jahren kein Verkehr mehr geregelt“, kritisiert Detlev Freutel, der Vorsitzende des Taxi-Verbands das regelmäßig wiederkehrende Chaos. Er sprach von „Organisationsmängeln“ bei der Polizei: „Man muss mit jeder Falle rechnen.“ Bei der BVG hieß es: „Wir wussten nur, dass der Papst kommt, mehr nicht.“ Eine BVG-Sprecherin wollte der Polizei aber keine Vorwürfe machen: „Das ist der Preis für die Hauptstadt.“

Autofahrer berichteten, sie seien ungehindert in Sackgassen gelassen worden. Diesen Eindruck hatten am Donnerstag alle, die in der Stadt unterwegs waren. Freie Fahrt hatten allein der Staatsgast und seine Entourage, der übrige Verkehr kam in einem Geflecht von Sperrungen zum Erliegen. Hilfestellung gab es keine. Der einzelne Polizist habe keine Kenntnisse über tatsächlich gesperrte Straßen, da die Wahl der Route erst Minuten vor dem Start feststehe. Beim Papst – der wie der US-Präsident und der israelische Präsident die höchste Gefährdungsstufe 1 hat – wurden auch Alternativrouten gesperrt, für den Fall, dass es auf der anderen Strecke ein Problem gibt. Der päpstliche Konvoi bestand aus etwa 100 Limousinen, Polizeiwagen und -motorrädern. Erschwerend kam hinzu, dass nicht alle Fahrten der päpstlichen Kolonne zuvor bekannt waren, die Fahrt am Nachmittag nach Neukölln und zurück überraschte alle. Die Folgen lesen sich im Protokoll der BVG so: „Sperrung Tiergartentunnel aus uns unbekannten Gründen, nach Freigabe des Tunnels stehender Verkehr.“ Wegen der unübersichtlichen Lage zog die Leitstelle zahlreiche Bus- und Straßenbahnlinien aus den neuralgischen Bereichen ab. Auf der wichtigen Ost-West-Linie 100 pendelten die Wagen so zeitweilig nur noch das kurze Stück zwischen Zoo und Großem Stern.

Einige Fallen hätten tatsächlich vorher benannt werden können. So versäumte das Präsidium, das Ausmaß der Sperrungen in Regierungsviertel und City-Ost bekanntzugeben. Zwar wurden Details zu den Sperrungen an der Nuntiatur in Neukölln und dem Haus der Bischofskonferenz genannt. Eine Ankündigung, dass wichtige Straßen wie Wilhelm- und Luisenstraße selbst für Fußgänger abgeriegelt wurden, war jedoch schlicht vergessen worden. „Aus polizeilicher Sicht war der Papstbesuch störungsfrei“, teilte die Polizei am Freitag offiziell mit: „Leider waren Beeinträchtigungen für Kraftfahrer, Fußgänger und vor allem Anwohner nicht immer vermeidbar.“ Auch die Papst-Gegner trugen ihren Teil zum Chaos bei. Mehr als drei Stunden blockierten tausende Protestteilnehmer zunächst den Potsdamer Platz und die Leipziger Straße, danach bis 21 Uhr den Boulevard Unter den Linden.

Jörn Hasselmann

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