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Brandenburg: Diesmal Beifall für den Kanzler

Bei seinem letzten Besuch in Brandenburg flogen noch Eier auf Schröder – jetzt in Premnitz gab es Applaus

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Bei seinem letzten Besuch in Brandenburg flogen noch Eier auf Schröder – jetzt in Premnitz gab es Applaus Premnitz - Bürgermeister von Kleinstädten verlieren bei Kanzlerbesuchen schon mal die Fassung. „Das ist der wichtigste Tag für Premnitz seit der Wende“, sagte der Chef der Stadtverwaltung, Roy Wallenta, überaus euphorisch. „Der Ruf unserer Stadt war in den letzten Jahren nicht der Beste. Nun kann es nur noch bergauf gehen.“ Der parteilose Kommunalpolitiker war denn auch zuversichtlich, dass die Einwohner Gerhard Schröder einen „freundlichen Empfang“ bereiten. Er sollte Recht behalten. Das lag vor allem an der langen Geheimhaltung der Kanzler-Visite gestern Nachmittag im riesigen, nur noch teilweise genutzten Industriegebiet der Stadt. Nur rund 50 der 8000 Premnitzer Bürger hatten sich vor dem Werkstor versammelt. „Wir sind durch das große Polizeiaufgebot aufmerksam geworden“, sagte eine Frau um die Fünfzig. „Aber es ist schon schade, dass wir nicht in das Festzelt dürfen. Wir haben leider keine Einladung.“ Als Trost für die Wartenden gab es Bonbons in allen Farben und Formen. „Der kann ruhig mal etwas spendieren“, sagte ein älterer Mann, der seine Hosentasche mit Hustenbonbons vollstopfte. Noch vor zwei Monaten sah ein Kanzlerbesuch in Brandenburg ganz anders aus. Sowohl bei der Eröffnung des Bahnhofes in Wittenberge als auch beim Sängerfest in Finsterwalde waren Eier in Richtung Schröder geworfen worden. Gleichzeitig brüllten Demonstranten ihre Wut gegen Hartz IV heraus. In Premnitz war so etwas gestern nichts zu sehen – der Kanzler freute sich über rhythmischen Applaus der Leute vor dem Werk und der 300 geladenen Gäste im Festzelt. Anschließend sprach Schröder deutlich die Probleme des Aufbau Ost an. Die Politik habe sich nach der Wiedervereinigung sehr stark auf große Investitionen wie AMD in Dresden, VW in Chemnitz und Porsche in Leipzig konzentriert. Dabei sei der Mittelstand etwas zu kurz gekommen. „Allerdings können wir nicht alle Misserfolge meinem Vorgänger im Kanzleramt anlasten“, sagte Schröder. Es habe oft keine Alternative gegeben, als sich auf Großprojekte zu konzentrieren. Bürgermeister Wallenta zeigte sich nach der Rede zuversichtlich. „1990 arbeiteten an unserem Chemiestandort rund 6500 Menschen, heute sind es nur noch 1000“. 3000 Einwohner hätten die Stadt verlassen. „Tiefer geht es nicht mehr.“ Immerhin 60 Arbeitsplätze schuf Hasso von Blücher. Zur Eröffnung seiner Produktionshalle war der Kanzler gekommen. „Der Kanzler braucht positive Nachrichten“, erklärte von Blücher die auch für ihn zunächst überraschende Ankündigung des Besuchs. „Wir stellen eine Aktiv-Kohle her, die in Luftfiltern, chemischen Anlagen und bei Schutzanzügen Verwendung findet“, erklärte Blücher. US-Truppen in Krisengebieten gehören zu den größten Abnehmern. In Kürze will die bei Düsseldorf beheimatete Firma noch eine zweite Produktionsstätte in Premnitz bauen.

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