Brandenburg: Direkt über den Müggelsee
Richter halten Auswirkungen auf Trinkwasser, Lärm und Vogelschutz für ausreichend geprüft. Die Kläger waren auf die Niederlage vorbereitet
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Berlin - Uwe Hiksch ist von großer Statur und auf alles vorbereitet. Er gehört zum Verein „Naturfreunde Berlin“, der auch gegen die umstrittenen Flugrouten über den Wannsee und den Müggelsee geklagt hat. Am Freitagnachmittag zückt er gleich nach der Urteilsverkündung des Oberverwaltungsgerichts einen Stapel Papier mit Pressemitteilungen. „Ich hatte für beide Fälle etwas vorbereitet, aber die hier war eigentlich nur meine Nummer zwei“, sagt Hiksch. Es ist die Mitteilung für die Niederlage vor Gericht. Und die fällt so deftig aus, dass er eigentlich eine dritte Version hätte vorbereiten müssen – für den Fall einer richtigen Klatsche. Dass es ein so deutliches Urteil wird, hätten wir nicht gedacht“, gesteht Hiksch.
Das Gericht unter dem Vorsitz von Richter Roger Fieting hat in aller Klarheit entschieden, dass „keine Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung besteht“. Das müsse im Planfeststellungsverfahren geschehen. Zwar schränkt das Gericht ein, dass der Planfeststellungsbeschluss auch Konflikte bewältigen muss, die durch von der Grobplanung abweichende Flugrouten entstehen. Erst wenn das nicht der Fall ist, sprich, wenn die abweichende Planung massive neue Probleme aufwirft, sei eine Flugroutenfestsetzung rechtswidrig. „Das ist hier aber nicht der Fall“, sagte Fieting. Es sei zudem rechtlich nicht zu beanstanden, dass dem Schutz stärker lärmbetroffener Siedlungsgebiete Vorrang vor dem Schutz von Erholungsräumen eingeräumt werde. Alternativen, so das Gericht, seien geprüft und Gestaltungsspielräume nicht überschritten worden. Die Kläger befürchteten Auswirkungen der Flugrouten auf das Trinkwasser und die Vogelwelt. Beides wies das Gericht zurück. Richter Fieting merkte an, dass startende Flugzeuge an der betreffenden Stelle die Höhe von 600 Metern bereits überschritten hätten, die für den Vogelschutz von Bedeutung sei.
Besonders enttäuscht zeigten sich die Kläger darüber, dass ihrer Argumentation, wonach ihr Vertrauensschutz verletzt worden sei, weil die Flugrouten von denen im Planfeststellungsbeschluss abwichen, nicht einmal in der Urteilsbegründung berücksichtigt worden sei. Große Zufriedenheit dagegen aufseiten der Genehmigungsbehörden. Zuständig für die Festlegung der Routen ist das Bundesaufsichtsamt für Flugsicherung (BAF). Dessen Vertreter Nikolaus Herrmann zeigte sich erfreut, dass das Gericht weitgehend den Argumenten des BAF gefolgt sei. Aber er verwies auch darauf, dass letztlich noch keine hundertprozentige Sicherheit bestehe, da eine Revision zu erwarten sei. Dise wird vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig verhandelt. Und eine Revision haben die Kläger bereits angekündigt. Zunächst wolle man aber die schriftliche Urteilsbegründung abwarten. Aber sie zeigen sich entschlossen und wollen notfalls auch sogar bis vor den Europäischen Gerichtshof gehen. Dort erhoffen sie sich größere Chancen, weil die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland eingeleitet hatte und Verstöße gegen Umweltregeln vermutete. Der Bund hatte dieser Sichtweise bereits widersprochen.
Erleichterung auch aufseiten der Flughafengesellschaft. „Das Urteil zeigt, dass sich die akribische Arbeit der Bundesbehörden auszahlt“, sagte BER-Sprecher Ralf Kunkel. Auch einer möglichen Revision sieht er gelassen entgegen. „Das hat keine Konsequenzen für die Fertigstellung oder die Kapazitäten des BER, weil wir eine letztinstanzliche Genehmigung für den Bau des Flughafens haben“, sagte Kunkel. Für den Flughafen BER war es damit ein guter Tag. Denn auch von hoher politischer Stelle gab es Unterstützung. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich eindeutig zum Bau des neuen Hauptstadtflughafens in Berlin bekannt. „Berlin braucht einen Flughafen. Deshalb werden Bund und Länder weiter daran arbeiten“, sagte Merkel bei einem Besuch der Industrie- und Handelskammer Berlin (IHK) vor 700 geladenen Gästen. Die Kanzlerin zeigte auch Verständnis für die immensen Bauprobleme. Ch.Tretbar und K. Harberg
Ch.Tretbar, K. Harberg
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