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Finanzmisere selbst verschuldet. Nach seinem Rücktritt als Minister in Brandenburg sei Fürniß abgestürzt, sagte der Richter.

© dpa

Brandenburg: Drei Jahre Haft für Ex-Minister Fürniß

Langjährige Freunde betrogen, Vertrauen „bedenkenlos ausgenutzt“. Schaden: über eine halbe Million Euro

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Heidelberg/Potsdam - Er hat langjährige Freunde und Bekannte um rund 500 000 Euro geprellt. Jetzt hat das Heidelberger Landgericht den früheren CDU-Politiker Wolfgang Fürniß zu drei Jahren Haft verurteilt. Die Strafkammer befand den Ex-Wirtschaftsminister von Brandenburg und langjährigen OB von Wiesloch des gewerbsmäßigen Betruges in 20 Fällen für schuldig. Der heute 70-Jährige habe seine „herausragende Stellung“ und das große Vertrauen der Opfer „bedenkenlos und geschickt ausgenutzt“, sagte der Vorsitzende Richter Christian Mühlhoff.

In Wiesloch sei Fürniß „ein für alle Mal geächtet“. Angesichts seiner Taten trete „alles Positive, was er geleistet hat, in den Hindergrund“. Zuletzt hatte Fürniß sogar einen schwer kranken Mitpatienten in einer Klinik um 18 000 Euro angebettelt – um politisch Verfolgten zu helfen, so die Lüge. Der Vorsitzende nannte das beschämend.

„Besonders verwerflich“ sei, dass Fürniß mit einer erfundenen Krankengeschichte hausieren ging. So hatte er behauptet, sterbenskrank zu sein und Geld für eine teure Behandlung in den USA zu benötigen. Fürniß pumpte nicht nur wohlhabende Geschäftsleute wie den Mitbegründer des Finanzberaters MLP, Manfred Lautenschläger, um Geld an. Opfer wurde auch ein „kleiner Handwerker“, so der Richter. Der hatte sogar einen Kredit aufgenommen, um Fürniß 40 000 Euro für ein angebliches „Börsenprojekt“ zu leihen. Das Geld wird er wohl nie wiedersehen, den Kredit zahlt er bis heute ab.

Hoch verschuldet hätte Fürniß bereits 2008 Privatinsolvenz anmelden müssen, sagte der Vorsitzende Richter. Stattdessen habe er „den Weg in die Kriminalität gewählt“. Warum er dies tat, sei „ein Rätsel, das wir nicht lösen können“. Fürniß, der jetzt in Hamburg lebt, nahm das Urteil äußerlich gefasst auf. Verteidigerin Andrea Combé rät ihm, „einen Schlussstrich zu ziehen“ und die Strafe anzunehmen. Ob der 70-Jährige sich daran halten wird, ist noch offen.

Die meisten der zwölf Opfer kannte er seit Jahren. Mit haarsträubenden Geschichten brachte er sie dazu, ihm Darlehen zu gewähren oder in angeblich lukrative Projekte zu investieren. Alles erfunden von einem Mann, den der Psychiater Hartmut Pleines als „begnadeten Geschichtenerzähler“ bezeichnete. Keines der Projekte, für die er Geld einsammelte und abenteuerliche Renditen versprach, wurde realisiert. Zwischen 2009 und 2014 Jahren ergaunerte er sich in seinem Umfeld rund 500 000 Euro. Der tatsächliche Schaden dürfte höher liegen, da einiges bereits verjährt ist und manche Opfer keine Anzeige erstatteten.

Das Geld verbrauchte der Ex-Politiker für eigene Zwecke. Einen kleinen Teil verwendete er, um alte Schulden zu begleichen. Schulden drückten ihn bereits, als er noch Minister in Potsdam war. Ein arabischer Geschäftsmann half damals mit einer Million Dollar aus. Als dies bekannt wurde, musste Fürniß 2002 nach drei Jahren im Amt zurücktreten. Es folgte ein „Absturz auf Raten“, sagte Richter Mühlhoff. Beruflich hat er danach nie wieder richtig Tritt fassen können. Schließlich blieben ihm nur noch 1500 Euro Rente – und ein Schuldenberg von fast einer Million Euro. „Er hat die Finanzmisere selber verschuldet“, sagte der Richter.

Ab 2008 wurde es immer enger, als Banken Kredite zurückforderten. „Das Wasser stand ihm bis zum Hals“, sagte Mühlhoff. Möglicherweise ist Fürniß selber Betrügern aufgesessen. Er habe dadurch rund 250 000 Dollar in den USA verloren, behauptet er. Beweise hierfür hat er nicht vorgelegt. Zu den finanziellen kamen gesundheitliche Probleme. Fürniß entwickelte rätselhafte körperliche und psychische Symptome. Das Ganze verschlimmerte sich nach einem Treppensturz. Ärzte diagnostizierten Parkinson und verschrieben schwere Medikamente, die auf die Psyche wirken können. Sein Verhalten wurde immer skurriler. Das gipfelte darin, dass er einen befreundeten Nachbarn auf der Straße um 40 000 Euro für Arzneimittel anpumpte. Seine verzweifelte Frau traute sich kaum mehr vor die Tür.

In dem Prozess zeigte sich der 70-Jährige reumütig. Er sei froh, damals verhaftet worden zu sein. Erst im Knast sei ihm klar geworden, was er angerichtet habe. Den größten Schaden hat mit über 150 000 Euro ein Metzgermeister, der im letzten Jahr verstorben ist. Er war es, der Fürniß 2013 anzeigte. „Ich hatte uneingeschränktes Vertrauen zu ihm“, gab er bei der Polizei zu Protokoll. Das habe dieses „aufs Übelste missbraucht“.

Ein langjähriger Freund stellte Fürniß damals zur Rede. „Er hatte jegliches Rechtsbewusstsein verloren“, schilderte der Zeuge dessen Reaktion. Zuvor habe er ihm erzählt, er plane den Bau des größten Hafens von China. Der Schausteller ließ sich nicht täuschen und verweigerte eine Bürgschaft über 170 000 Euro. „Ich dachte, da stimmt was nicht.“ Sein Fazit: „Politiker werden auf den Thron gehoben und finden den Weg nicht zurück.“

Ulrich Willenberg

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