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Brandenburg: Drei Millionen Euro verschenkt

Berlins Ex-Finanzsenator Sarrazin ermöglichte Golfklub Wannsee günstigen Pachtvertrag, obwohl Verein die Gemeinnützigkeit verliert

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

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Berlin - Bei der Verpachtung eines landeseigenen Grundstücks an den Golfclub Wannsee hat Berlins damalige Finanzsenator Thilo Sarrazin (SPD) auf Einnahmen des Landes von drei Millionen Euro verzichtet. Denn bei den Verhandlungen im Sommer 2008 über ein neues Erbbaurecht für 99 Jahre war absehbar, dass der Verein ab 2010 die Gemeinnützigkeit verliert. Damit hätte der Golfclub den Anspruch auf besonders günstige Pacht verloren, die förderungswürdigen Sportvereinen zusteht, und müsste eigentlich den doppelten Pachtzins zahlen. Eine solche Nachbesserungsklausel steht nicht im Vertrag.

Kronzeuge ist der frühere Bauunternehmer Roland Specker, der zehn Jahre Präsident in Wannsee war. Seit April 2009 ist er Ehrenmitglied, und mit dem Club-Geschäftsführer Michael Siebold führte Specker vor einem Jahr die Gespräche mit der Finanzverwaltung. „Bei der Endverhandlung ist es uns gelungen, die Vertragsgestaltung so festzuschreiben, dass ein Wegfall der Gemeinnützigkeit nicht zur Folge hat, dass der Erbbauzins sich nachträglich von drei auf sechs Millionen Euro verdoppelt“, schrieb Specker im Juli stolz an die Vereinsmitglieder.

Sarrazin, seit Mai im Vorstand der Bundesbank, ist inzwischen gern gesehener Gast in Wannsee: Zum Neujahrsempfang 2009 war er eingeladen, und beim Rotary- und Lions-Turnier im Juni spielte er erstmals mit, obwohl er Anfänger ist und ein schlechtes Handicap von 54 hat. Die Sache mit dem Pachtzins sieht er anders. Voraussetzung für einen begünstigten Pachtzins sei nicht die Gemeinnützigkeit, sondern die förderungswürdige Bindung der Vereinsarbeit an sportliche oder kulturelle Zwecke, sagte er auf Anfrage.

Im Sportförderungsgesetz des Landes Berlin steht aber: „Förderungswürdig ist eine Sportorganisation, wenn sie gemeinnützige Zwecke im Sinne der Abgabenordnung verfolgt und dies durch einen Freistellungsbescheid zur Körperschaftsteuer nachweist“. Dieser Bescheid wird vom Finanzamt erteilt, wenn die Vereinstätigkeit darauf gerichtet ist, „die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichen Gebiet selbstlos zu fördern“. Die Gemeinnützigkeit bringt den Vorteil, keine Steuern zahlen zu müssen, steuerlich abzugsfähige Spendenbescheinigungen ausstellen zu dürfen und förderungswürdig zu sein.

Allerdings dürfen der durchschnittliche Mitgliedsbeitrag 1023 Euro pro Jahr und die Aufnahmegebühr 1534 Euro nicht überschreiten. Außerdem sind, nach einem Urteil des Bundesfinanzhofs von 2006, obligatorische Eintrittsspenden („Zwangsspenden“) der Mitglieder an den eigenen Verein nicht mehr steuerlich abzugsfähig. Dadurch wurde die Gemeinnützigkeit für den Club unattraktiv. Ohnehin wollte der Vorstand die Mitgliedsbeiträge deutlich erhöhen und eine Eintrittsgebühr von 20 000 Euro erheben. Früher hätten „kreative Verhandlungen mit der Finanzverwaltung“ die existenziell wichtige Gemeinnützigkeit gesichert, steht in Speckers Brief. Nach dem Beschluss des Finanzhofs sei es „gelungen, mit der Finanzverwaltung einen einvernehmlichen Weg für den Ausstieg aus der Gemeinnützigkeit zu beschreiten“.

Jetzt wird deutlich, warum der Club den bis 2014 geltenden, überaus günstigen alten Pachtvertrag (15 Cent pro Quadratmeter) vorzeitig ablösen wollte. Denn mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit wäre dieser Vertrag kündbar gewesen – und die neue Pacht doppelt so teuer geworden. Der Senat war 2008 sogar bereit, das Areal für 3,6 Millionen Euro an den Club zu verkaufen. Viel zu billig, meinte das Landesparlament. Denn selbst nach vereinsinterner Einschätzung steht der Golfclub am Stadtrand zu Poptsdam „finanziell blendend“ da und kann es sich etwa leisten, dem Geschäftsführer Siebold inklusive Tantiemen etwa 300 000 Euro jährlich zu zahlen.

Ersatzweise sorgte Sarrazin für einen Pachtvertrag. Der Entwurf lag schon am 3. Juli 2008 vor, bis zum Notartermin im August wurde vielfach nachgebessert. Ulrich Zawatka-Gerlach

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