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Brandenburg: Eigene Krise, selbst gelöst

Landtag will vor Sommerpause Chefposten am Rechnungshof neu besetzen – nach dann sieben Monaten

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Potsdam - Brandenburgs Politik steht offenbar kurz davor, einen Ausweg aus einer selbstverursachten Krise zu finden: Im Chaos um die Neubesetzung des Chefpostens beim Landesrechnungshof (LRH) zeichnet sich nach Angaben der Landtagsspitze eine Lösung bis zur Sommerpause ab. Landtagspräsident Gunter Fritsch (SPD) und CDU-Fraktionschef Thomas Lunacek sprachen von einer „zügigen Lösung“. „Zügig“ heißt im aktuellen Fall, dass nach dann mehr als sieben Monten der Führungslosigkeit noch vor Juli dieses Jahres feststehen soll, wer den Landesrechnungshof zukünftig führen wird. Das gab Landtagspräsident Fritsch gestern in Potsdam nach einer Sondersitzung des Landtagspräsidiums bekannt. Die vorherige LRH-Chefin Gisela von der Aue war im November 2006 als Justizsenatorin nach Berlin gewechselt.

Es werde aber keine Ausschreibung für den Posten geben, sagte Landtagspräsident Fritsch. Stattdessen hat sich das Präsidium des Landtages, dessen wichtigste Kontrollinstanz der LRH ist, gestern entschieden, das Ergebnis des bisherigen Besetzungschaos“ als unabwendbar hinzunehmen: Die Bewerbungen der Kandidaten, die sich bisher schon auf Verdacht um den Posten beworben hatten, würden weiter berücksichtigt, so Fritsch. Die Bewerber sollen nun noch einmal gefragt werden, ob sie den Posten immer noch wollen. Nach PNN-Informationen lagen bisher mehr als ein Dutzend Bewerbungen vor. Ein Kandidat – ein Amtsrichter aus Bernau – hatte seine Bewerbung schon zurückgezogen. Er hatte nur pro forma „an dem Postengeschacher“ teilnehmen wollen. Ansonsten dürfen sich nun auch andere Bewerber um den Präsidentenposten bewerben. Man werde alle Bewerbungen berücksichtigen, die bis zum 20. April eingehen, so Fritsch.

Anschließend beginne im Haushaltskontrollausschuss das Auswahlverfahren. Gleichzeitig habe das Landtagspräsidium beschlossen, dass der neue LRH-Präsident ein Volljurist sein müsse – also die Befähigung zum Richteramt haben muss. Damit hat sich auch ein eigentlich angestrebtes Rechtsgutachten erledigt, in dem geklärt werden sollte, ob der neue LRH-Chef Volljurist sein muss. Landtagspräsident Fritsch sagte gestern, ein solches Gutachten werde nun doch nicht mehr in Auftrag gegeben.

Nachdem die SPD-Abgeordnete Britta Stark, die diese Befähigung nicht hat, in der vergangenen Woche ihre Kandidatur zurückgezogen habe, sei dies nicht mehr erforderlich, sagte Fritsch.

An Starks Bewerbung um den Chefposten hatte sich der politische Streit über die Besetzung entzündet. Nach dem Wechsel von Gisela von der Aue in den Berliner Senat im November 2006 war Stark von Ministerpräsident Matthias Platzeck und SPD-Fraktionschef Günter Baaske überstürzt nominiert worden. Da der Rechnungshof aber die Instanz des Parlamentes ist, um die Haushalts- und Ausgabenpolitik der Regierung zu kontrollieren, war der Eindruck entstandenen, dass sich in Brandenburg der Regierungschef seine Kontrolleure selbst aussucht. Stark war selbst aus dem eigenen Lager die Eignung für den Posten abgesprochen worden. Außerdem hatte sich die SPD-Landtagsfraktion von Platzeck und Baaske übergangen gefühlt.

Alle demokratischen Landtagsfraktionen begrüßten den Beschluss zum weiteren Verfahren gestern – schließlich war der Parteienproporz für die Besetzung von vakanten Posten und Richterstellen schon vor Monaten zwischen SPD, CDU und PDS abgestimmt und vereinbart worden, dass den Kandidaten gegenseitig zugestimmt werde (ein Direktorenposten im Rechnungshof geht noch an die PDS).

Das sei ein Schritt nach vorn, sagte der CDU-Fraktionsvorsitzende Thomas Lunacek gestern. Durch eine nun zügige Neubesetzung der Rechnungshofspitze müsse jetzt verlorengegangenes Vertrauen wiederhergestellt werden. Er rechne mit der Wahl im Juni oder Juli. Die Vereinbarung für den weiteren Fahrplan sei ein erster Schritt, um den durch die Vorgänge in den vergangenen Monaten für den Landtag entstandenen Schaden wieder gutzumachen, meinte auch die Fraktionschefin der Linkspartei.PDS, Kerstin Kaiser. Sie geht ebenfalls vom Abschluss des Verfahrens bis zur Sommerpause aus.

Der Landesvorsitzende der außerparlamentarischen Oppositionspartei Bündnis 90/Die Grünen, Axel Vogel, nannte den Verzicht auf eine Ausschreibung dagegen einen „Fehler“. „Nach dem unrühmlichen Streit um die Kandidatin Britta Stark hätte der Landtag gut daran getan, nun ein Besetzungsverfahren zu wählen, das die Auswahl des am besten qualifizierten Bewerbers garantiert und so transparent wie möglich abläuft“, so Vogel.

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