Brandenburg: Ein ehrgeiziger Polizist Schönfließ-Prozess: Beamte belasten Kollegen
Neuruppin - Der Zivilfahnder Reinhard R. (36) war bei der Vollstreckung von Haftbefehlen besonders ehrgeizig und bekam polizeiintern Bestnoten.
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Neuruppin - Der Zivilfahnder Reinhard R. (36) war bei der Vollstreckung von Haftbefehlen besonders ehrgeizig und bekam polizeiintern Bestnoten. Das wurde am Donnerstag im Prozess um die tödlichen Schüsse des Berliner Polizisten auf einen Intensivstraftäter im brandenburgischen Schönfließ am Silvesterabend 2008 deutlich. R. muss sich seit Anfang Mai wegen versuchten Totschlags verantworten, weil er den damals 26-Jährigen, der Polizei mehrfach entwischten Dennis J. aus kurzer Distanz in einem Auto erschossen haben soll.
Den beiden mitangeklagten Kollegen des Zivilfahnders, Olaf B. (33) und Heinz S. (60), wirft die Staatsanwaltschaft versuchte Strafvereitelung im Amt vor, weil sie R. nach dem Vorfall in Schönfließ gedeckt haben sollen.
Vor der großen Schwurgerichtskammer des Landgerichts Neuruppin schilderte der Chef des Polizeiabschnitts 25 den Hauptbeschuldigten, der auch mal stellvertretender Zugführer einer Hundertschaft gewesen sei, als erfolgreichen Beamten. „2008 hat er 65 Haftbefehle vollstreckt, das ist außergewöhnlich viel“, sagte der leitende Beamte Heiko F. „Er hat das Thema für sich entdeckt.“ Noch 2008 – vor der Tat – habe er den Angeklagten wegen dessen Erfolgen sogar für eine Belobigung vorgeschlagen. In einer polizeiinternen Mitarbeiterzeitung sei sogar eine von R. durchgeführte „trickreiche Vollstreckung in Hamburg“ geschildert worden. Der Vorsitzende Richter Gert Wegner ließ Zweifel an der Praxis des Angeklagten erkennen: „Da kriegt man als Rechtsstaatler Bedenken.“
Zwei weitere Zeugen, ein Freund und der Schwager von Dennis J., berichteten, in den Tagen vor Weihnachten 2008 mehrmals von R. angesprochen worden zu sein. Dieser habe gesagt, dass er die Akte über Dennis J. an das Spezialeinsatzkommando (SEK) weiterreichen werde – und J. dann bei einer Festnahme aufpassen müsse, nicht erschossen oder mit einem Gewehrkolben ins Gesicht geschlagen zu werden. axf
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