
© dpa
"Maskenmann-Prozess": Ein Fall in Revision
Im spektakulären Maskenmann-Prozess dauert es nach dem Urteil Monate, bis der Bundesgerichtshof das Verfahren neu aufrollen kann.
Stand:
Frankfurt (Oder) - Mario K. bleibt bis auf Weiteres in der Justizvollzugsanstalt Cottbus-Dissenchen – nur wie lange? Nachdem das Landgericht Frankfurt (Oder) ihn am vergangenen Freitag in einem umstrittenen Verfahren zu lebenslanger Haft wegen versuchten Mordes und erpresserischen Menschenraubs verurteilt hat, dürfte es Monate dauern, bis sich der 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs (BGH) in Leipzig mit dem Maskenmann-Fall befasst. Und der BGH kann dann im Zweifel, also wenn er Rechtsfehler feststellt, das Urteil aufheben und den Fall an eine andere Kammer des Landgerichts zurückverweisen.
Nach Ansicht des Frankfurter Gerichts wollte Mario K. im Jahr 2011 die Unternehmergattin Petra P. entführen und schlug, als er entdeckt wurde, brutal auf sie ein. Zwei Monate später habe er nach Überzeugung des Gerichts die Tochter Luisa P. entführen wollen und dabei einen Bodyguard angeschossen, der seither im Rollstuhl sitzt. Und im Oktober 2012 hat K. dann nach Ansicht des Gerichts den Berliner Investmentbanker Stefan T. aus seinem Haus am Storker See entführt, um eine Million Euro Lösegeld zu erpressen. T. konnte sich nach 33 Stunden eigenen Angaben zufolge selbst befreien.
Noch am Freitag Revision eingelegt
Axel Weimann, der Anwalt des Verurteilten, hatte noch am Freitag nach der Verurteilung Revision eingelegt. Die Strafkammer hat nun nach Angaben einer Gerichtssprecherin 17 Wochen Zeit, um die schriftliche Urteilsbegründung zu verfassen. Wenn alle Verfahrensbeteiligten dann eine Ausfertigung haben, hat Weimann wiederum einen Monat Zeit für seine Revisionsschrift. Der Berliner Anwalt sprach von einem Fehlurteil. Sein Mandant hatte die Tat stets bestritten.
Doch alle Zweifel an der von der Staatsanwaltschaft vorgetragenen Indizienkette spielten für das Gericht kaum eine Rolle, ebenso nicht die Pannen und das Mobbing bei der Polizei in dem Verfahren, etwa dass Beamte daran gehindert wurden, allen Zweifeln nachzugehen und in alle Richtungen zu ermitteln. Obwohl es keinen einzigen schlagenden Beweis wie DNA-Spuren oder Fingerabdrücke gibt, sah das Frankfurter Gericht die Schuld des Berliner Dachdeckers Mario K. als erwiesen an. „All diese Indizien addieren sich zur Gesamtschau und führen uns zur Überzeugung, dass der Angeklagte der Täter dieser drei Taten war“, sagte der Vorsitzende Richter Matthias Fuchs.
Hart ins Gericht mit dem Gericht
Und genauso spektakulär wie das ganze Verfahren und der Prozess waren, so ungewöhnlich hart fiel auch das Echo in der Presse aus. Mit Gerichtsschelte halten sich die Kommentatoren und Berichterstatter in aller Regel bei Strafrechtsurteilen zurück, selten gehen sie derart hart wie beim Maskenmann-Fall mit einem Gericht ins Gericht – nicht nur in dieser Zeitung, die mit einem Dossier auf Widersprüche in den Ermittlungen aufmerksam gemacht hatte.
Fuchs habe Bedenken lapidar beiseitegewischt, hieß es in der „Berliner Zeitung“. „Ein spektakulärer Prozess hat damit sein umstrittenes Ende gefunden“, hieß es. Und die „Märkische Allgemeine“ fand, der Vorsitzende Richter habe in seiner Begründung „nicht den geringsten Raum für den Rechtsgrundsatz“ gelassen: „In dubio pro reo: Im Zweifel für den Angeklagten.“ Die „Märkische Oderzeitung“ kommentierte: „Schlechte Ermittlungen, wacklige Anklage, fragwürdiges Urteil. Was bleibt, ist die Hoffnung auf den Mut der Politik.“
Neuanfang in Brandenburgs Polizei
Und tatsächlich hatte die Politik in Brandenburg bereits am Freitag einen Neuanfang in Brandenburgs Polizei gefordert. Auch die Forderung nach einem Untersuchungsausschuss steht nach wie vor im Raum. CDU-Innenexperte Björn Lakenmacher hatte etwa gefordert, man könne jetzt nicht einfach zur Tagesordnung übergehen. Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) sei nun gefordert, mögliche Verdachtsmomente auszuräumen. Und der Minister selbst kündigte eine polizeiinterne Nachbereitung der Maskenmann-Ermittlungen an.
Lesen Sie weiter:
Ein Kommentar: Im Zweifel gegen den Angeklagten >>
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: