Brandenburg: Ein Heimspiel für den Bundeskanzler
Für seinen ersten Auftritt nach dem Fernsehduell kam Gerhard Schröder nach Potsdam – wie viele Genossen
Von Thorsten Metzner
Potsdam. Die SPD-Offiziellen können zufrieden sein. An diesem schwülen Hochsommerabend haben sich gut 7000 Menschen auf dem Potsdamer Alten Markt versammelt, mehr als erwartet. Und der Potsdamer SPD-Oberbürgermeisterkandidat Jann Jakobs verkündet gleich stolz: In Potsdam seien SPD-Kundgebungen „immer ein bischen voller als woanders“. Nun ja, das stimmt zwar nicht, und klingt es auch nicht gerade so, als würden die um den Wahlausgang bangenden Sozialdemokraten derzeit Deutschlands Plätze füllen können. Kein Wunder, dass Gerhard Schröder, über den Lapsus den Kopf schüttelt. Na, na.
Es ist der erste Wahlkampfauftritt des Bundeskanzlers nach dem Fernsehduell mit Herausforderer Edmund Stoiber - das lockt. Aber auch die Union ist in Potsdam präsent. Oben am Himmel zieht einsam ein Flugzeug seine Kreise - mit einem Spruchband: „SPD: 4 Millionen Arbeitslose.“ Dann ein Kanzler, der sich kämpferisch präsentiert - als Manager der Flutkatastrophe und als Staatsmann. Er mahnt, die richtigen Konsequenzen aus der Flut zu ziehen. In dieser Krise gebe es die „riesige Chance“, neue Inhalte für die Zivilgesellschaft Deutschlands zu finden, lautet seine Botschaft.
Besonderer Beifall brandet auf, als Schröder das Unionskonzept attackiert, die Folgen der Flutkatastrophe durch neue Schulden zu finanzieren: Dies hätten die Nachkommen nicht verdient. Natürlich sei es schmerzhaft, die geplanten Steuersenkungen in einer Größenordnung von 7 Milliarden Mark um ein Jahr zu verschieben. „Aber es ist klar, es ist eindeutig“: die innere Solidarität der Deutschen werde jene in den Parteizentralen von CDU und FDP belehren, „die auf Neid setzen“. Wieder Beifall. Ein Heimspiel für den Kanzler.
Zuvor hatten bereits Regierungschef Matthias Platzeck und dessen Vorgänger Manfred Stolpe Schröders Tatkraft bei der Bewältigung der Flutfolgen hervorgehoben. Unter Schröder habe sich Deutschland insgesamt verändert, sagte Platzeck. Vorher habe Mief gewabert, Reformstau geherrscht. „Das Land ist offener, freier geworden.“ Und Stolpe, nunmehr ohne Rücksicht auf ein Ministerpräsidentenamt – und nach einem Dank an Platzeck für die „neue Dynamik in der Regierung“ – attackierte seinen früheren bayerischen Amtskollegen scharf. Ganz ungewohnt. Während Schröder der „Schutzpatron der Opfer der Hochwasserkatastrophe" sei, so Stolpe, habe sein Herausforderer die Zeit „für die Schauspielschule“ genutzt. Der Osten wolle nicht „Versuchskaninchen“ eines Kandidaten sein, der Unfinanzierbares verspricht, eines Kandidaten, „der das Land in eine reaktionäre Vergangenheit zurückführen will.“ Edmund Stoiber wird heute in Potsdam beim Wahlkampfauftritt kontern.
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