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Nachdenklich  aber unbeirrt: Franco Stella hält am Schlossauftrag fest.

© ddp

Brandenburg: Ein millionenschwerer „Scheinvertrag“

Architekt Franco Stella hält trotz Kartellamtbeschluss an Schlossvertrag fest

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Berlin - Es war der erste öffentliche Auftritt des italienischen Architekten Franco Stella nach dem vernichtenden Beschluss des Kartellamtes vom vergangenen Freitag. Demnach ist sein Vertrag für die Planung des Berliner Stadtschlosses mit dem Bund null und nichtig. Aufgeben will der Mann, der mit kleinem Büro und geringem Umsatz überraschend als klarer Sieger aus dem internationalen Wettbewerb hervorging, nicht. Sogar die Frage, wer wirklich die Fäden bei der Realisierung der Pläne für das 550 Millionen Euro teure Projekt zieht, versuchte er am Dienstag in Berlin bei Diskussion mit Archäologen zum Umgang mit den alten Schlossfundamenten zu beantworten.

„Ich bin nicht nur mit dem Kopf, sondern auch mit den Händen tätig“, sagte Stella auf die Frage, welche Funktion er bei der Realisierung des Schlosses ausübe. Er habe ein Büro in Berlin, obwohl er „nicht den größten“ Teil der Arbeit übernehme – „ich bin aber einziger Auftragnehmer des Bauherrn“. Und die beiden Architekturfabriken an seiner Seite, Gerkan Marg und Partner (gmp) sowie Hilmer, Sattler und Albrecht (HSA)? Das seien „Subunternehmer“, so Stella.

Ganz ungewöhnliche Subunternehmer sind es: außerordentlich gut bezahlte, und als Projektleiter für das Stadtschloss können sie Stella bei wichtigen Entscheidungen einfach überstimmen. Deshalb sind gmp und HSA nach Überzeugung der Vergabekammer des Kartellamtes die eigentlichen Auftragnehmer des Bundes. Die Vereinbarung mit Stella habe den „Charakter eines Scheinvertrags“.

Deutliche Worte sind das. Zumal die Vergabekammer außerdem noch „massive Zweifel an der Fähigkeit dieses Teams, (Stella, gmp, HSA; Anm. d. Red.) auch wirklich zusammenzuarbeiten“ äußert. Das liegt daran, dass die ungleichen Partner ausweislich ihrer Korrespondenz schon jetzt oft aneinandergeraten sein sollen. Gmp und HSA machten oft gemeinsame Sache – Stella hatte das Nachsehen. Nicht einmal seine Vorstellungen für die Fassadenrekonstruktion, für die er von der Jury ausgewählt worden war, habe er gegen die beiden Großbüros durchsetzen können, berichtet die Kammer. Diese und andere „erhebliche Meinungsverschiedenheiten stellen die Leistungsfähigkeit des Teams infrage“.

Dass es sich dabei um Ränkespiele von drei großen Egos handeln könnte, ist nach dem Kartellamt-Beschluss eher auszuschließen: Vielmehr muss Franco Stella selbst die Zweifel an seiner Leistungsfähigkeit genährt haben. Fast ein halbes Jahr habe er den Bund zappeln lassen und wiederholte dringliche Anfragen nach Zuständigkeiten und verantwortlichen Architekten und Ingenieuren, die er zur Steuerung und Realisierung des Großprojektes einspannen muss, nicht beantwortet. Stellas deutsche „Kontaktarchitekten“ hätten sogar ein Gespräch mit dem Bund abgesagt mit der Begründung, man habe Besseres zu tun: Man arbeite an einem Entwurf für einen Wettbewerb.

Am Ende muss der Geduldsfaden gerissen sein, Stella wurde entmachtet, die Projektleitung ging an HSA und „sämtliche als Verantwortliche für die Erbringungen der vertraglichen Leistungen benannten Personen gehören gmp und HSA“ an. Stella widersprach gestern: Er habe die „architektonische Federführung“. Aber das Kartellamt bleibt dabei: „Dies ist nicht erkennbar und nicht vertraglich abgesichert.“ Er habe „wenig Möglichkeiten, sich in der Projektgemeinschaft durchzusetzen“. Dass der Bund trotzdem den Vertrag mit Stella unterschrieb, sei „unverständlich“ und ein „Vergaberechtsfehler“, schreibt die Kammer.

Und was ist nun mit den Schlossfundamenten, über die gestern diskutiert wurde? Stella versichert, sein Entwurf sehe „theoretisch“ deren Erhaltung vor. Aber bei der Umsetzung könne es zu Schwierigkeiten kommen. Das liege nicht in seiner Macht. Senatsbaudirektorin Lüscher kann sich „historische Fenster“ vorstellen. Und die Archäologen? Sie verweisen auf die internationale Praxis: Baudenkmäler dieser Qualität werden erhalten. Einer sagt sogar: Sonst vollende der Bund den Abriss des Schlosses, den die DDR begann. Ralf Schönball

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