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Energie-Gespräche. Ministerpräsident Matthias Platzeck (r.) und Wirtschaftsminister Ralf Christoffers (l.) mit Henry Kelly, Leiter des Büros für Energieeffizienz und Erneuerbare Energien im US-Energieministerium.

© Stk

Brandenburg: Ein Ministerpräsident sucht Verbündete

Auch in den USA ist Matthias Platzeck vor kritischen Fragen nicht sicher – jedenfalls nicht ganz

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Kritische Fragen sind die Ausnahme, wenn Brandenburgs Ministerpräsident in der amerikanischen Hauptstadt die Vorzüge seines Bundeslandes preist. Wer will auch schon diesen Erfolgsgeschichten vom Aufstieg des einstigen Aschenputtels zur strahlenden Ost-Prinzessin widersprechen, wenn sie dazu noch immer mit den Hinweisen auf all die Oscar-trächtigen Hollywoodstars verknüpft werden, die sich in Babelsberg angeblich die Klinge reichen. Und wer war denn schon mal in Brandenburg, um die Erzählungen des Matthias Platzeck mit der Wirklichkeit vergleichen zu können?

Als der Potsdamer Regierungschef allerdings am Dienstag einige der besten Deutschlandkenner aus den Washingtoner Universitäten um sich versammelt sieht, holen ihn doch die Merkwürdigkeiten zu Hause wieder ein. Dan Hamilton, der selbst lange in Berlin lebte und gelegentlich in Potsdam vorbeischaut, will wissen, warum die Stadt noch immer am Beispiel der sogenannten Truman-Villa das alte DDR-Geschichtsbild von den bösen US-Amerikanern fortschreibe. „Für den Hinweis bin ich sehr dankbar“, erwidert Platzeck dann in aller Unverbindlichkeit.

Aber weitergehende Fragen beispielsweise nach seinem Koalitionspartner mit der SED-Erbschaft hat er nicht zu befürchten. Der ist in Gestalt von Wirtschaftsminister Ralf Christoffers ganz woanders unterwegs, versucht, abgeschirmt vor jeder Journalistenbegleitung, Investoren zu begeistern und hat, glaubt man den Meldungen der heimischen Staatskanzlei, auch erste Erfolge zu vermelden.

Platzeck erzählt währenddessen beim Treffen mit einigen Kongressabgeordneten, darunter auch Vertretern des aus deutscher Sicht erzkonservativen Flügels der republikanischen Mehrheit, die rührende Geschichte von einem, seinem Leben, auf das 1961 der Schatten des Mauerbaus fiel: Er schildert dann seine Erinnerungen an die zuweilen hell erleuchtete Glienicker Brücke, auf der die amerikanischen Spione ausgetauscht wurden, entschuldigt sich für sein unzureichendes Englisch mit dem Hinweis, dass er „unter den Russen groß geworden“ sei. Natürlich vergisst er auch nicht zu erwähnen, dass sich unter seiner Regierung das Land zunächst vorübergehend, bald aber für immer vom Schuldenmachen verabschiedet habe.

Platzeck ist zwar erstmals in solcher Umgebung, aber er scheint genau zu wissen, was gut ankommt. Und weil Amerika nun mal nichts mehr liebt als Storys von denen, die es nach einigen Verirrungen geschafft haben, beschreibt er die ersten Jahre des neuen Brandenburg ganz drastisch. Da habe eine falsche Politik das Land „fast an die Wand gefahren“, bevor endlich unter seiner Regierung die Wirtschaftsförderung „völlig umgestellt wurde“.

Das wichtigste Treffen mit der Obama-Regierung findet im Energieministerium mit einem der Staatssekretäre statt und bestätigt dem Potsdamer Sozialdemokraten seine Zweifel an dem Fortgang der Debatte um den Klimawandel. Der spielt nach seinen Erkenntnissen keine Rolle mehr in Washington und Platzeck schließt daraus, dass auch zu Hause bald eher über Versorgungssicherheit und bezahlbare Preise geredet werden wird. Den Brandenburgern wird er erzählen können, dass anderswo ganz anders über die Kohle geredet wird als in Brandenburg. Die Übersetzerin kommt mit „Braunkohle“ nicht klar und macht daraus „soft coal“, also sanfte Kohle – das passt auch ganz hervorragend zur Botschaft, die den Zuhörern nahegebracht werden soll. War anfangs der Reise noch öfters zu hören, man könne ja vielleicht mit den großen eigenen Erfolgen im Bereich der erneuerbaren Energien punkten, so führen die Gespräche in Washington schnell zu der Erkenntnis, dass die Amerikaner derzeit zumindest auf nationaler Ebene keine größeren Anstrengungen unternehmen, eine umweltfreundliche Energiepolitik einzuleiten. In den einzelnen Bundesstaaten sei da schon mehr möglich, hört Platzeck. Anschließend macht er sich auf den Weg nach New Hampshire, einem dieser Staaten. Dort soll allerdings vor allem brandenburgische Sicherheitstechnologie verkauft werden. Immerhin soll dort eine Kooperationsvereinbarung zwischen dem Brandenburgischen Sicherheitsindustrienetzwerk „Security and Safety made in Berlin-Brandenburg“ (SeSamBB) und dem Sicherheitsindustrienetzwerk „Strategic Security Alliance“ (SSA) aus New Hampshire unterzeichnet werden. Unternehmen der Sicherheitsbranche sollen dann bei Flughafensicherheit, Cyberkriminalität, Hochwasserschutz, Waldbrandbekämpfung und auch bei der Ausbildung und Zertifizierung in der zivilen Sicherheitsindustrie zusammenarbeiten.

Nach einem weiteren Abstecher in Richtung Kanada wird der Ministerpräsident samt Begleitung am Freitag wieder in Berlin erwartet.

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