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Brandenburg: Ein Service, der sich gewaschen hat

Studentengenossenschaft eröffnete in Eberswalde einen Waschsalon mit Internet-Cafe

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Studentengenossenschaft eröffnete in Eberswalde einen Waschsalon mit Internet-Cafe Von Wilko Döll Eberswalde - Die drei Waschmaschinen sind gefüllt. Die beiden Trockner surren vor sich hin. Auch die breite Wäschemangel ist in Betrieb. „So muss es sein, unser neuer Waschsalon läuft gut an.“ Geschäftsführer Mike Marschke sieht zufrieden aus. Gemeinsam mit fünf anderen Studenten der Fachhochschule Eberswalde (Barnim) hat er im September eine Genossenschaft gegründet und in der Eberswalder Innenstadt einen Waschsalon mit angeschlossenem Internet-Café eröffnet. „Bislang haben wir über Unternehmensführung und Existenzgründung nur in unserem Studium gesprochen, hier aber testen wir unser Wissen und Können direkt in der Praxis“, erzählt der 23-jährige Student der Betriebswirtschaftslehre (BWL). Er gehört zu den Gründern der studentischen Genossenschaft. Ein Eberswalder Wohnungsunternehmen hatte im Frühjahr für leere Geschäftsräume Nachmieter gesucht. Eine Berliner Reinigungsfirma war interessiert, wollte den Waschsalon aber nicht selbst betreiben. „Die Unternehmen kamen zu uns und fragten, ob nicht Studenten das Projekt übernehmen könnten“, erklärt Professor Jörn Mallok vom Fachbereich Wirtschaft. Von der Anfrage bis zur Eröffnung zogen mehrere Monate ins Land. „In Deutschland ein Unternehmen zu gründen, ist eine Katastrophe“, sagt der Experte für Existenzgründungen. Der Businessplan für die Genossenschaft wurde noch per Diplomarbeit selbst angefertigt, dann aber folgte der lange Weg durch Behörden und Institutionen. Satzungen mussten aufgestellt und Genehmigungen eingeholt werden. „Selbst die Feuerlöscherschilder und die Papierhandtücher in den Toiletten des Ladens wurden akribisch von mehreren Ämtern überprüft“, klagt Marschke. Auf dem Weg in die Selbstständigkeit erhielten die Studenten aber auch viel Hilfe. Preisgünstig stellten der Vermieter die renovierten Räume und die Reinigungsfirma die Maschinen zur Verfügung. Das Geld für die restliche Ausstattung gab der Professor seinen Studenten als Darlehen. „Er wird es zurückbekommen“, verspricht Jungunternehmer Marschke. Rund 30 Kilogramm Wäsche müssen die Studenten pro Tag in ihrem Salon waschen, dann soll der Wirtschaftsplan aufgehen und am Ende des Jahres mindestens eine schwarze Null in der Bilanz stehen. „Das schaffen wir“, kündigt Kristina Rogusic an und schiebt eine weitere Tischdecke in die breite Mangel. Die Eröffnung des Waschsalons hat sich in der Stadt schnell herumgesprochen, momentan nutzen besonders ältere Bürger den Service. „Eine ältere Dame ist ohne Wäsche in den Laden gekommen, hat sich die Maschinen und uns angeschaut und einige Minuten später einen Deckenstapel vorbeigebracht“, sagt die 21-jährige BWL-Studentin. Marschke spricht von einem „Service, der sich gewaschen hat“. Für 2,50 Euro pro Kilogramm wird die Wäsche schrankfertig behandelt. Auch das bei vielen Hausfrauen und -männern unbeliebte Hemdenbügeln wird erledigt. Auf Wunsch nehmen die jungen Leute auch schmutzige Gardinen ab und hängen sie später gewaschen wieder auf. Die meisten Kunden aber bringen ihre Wäsche in den Salon und holen sie später wieder ab. Wer sie gleich wieder mitnehmen möchte, kann die Wartezeit an einem der vier Computer im Internet-Café des Salons verbringen. Momentan ist der Eberswalder Waschsalon von Montag bis Freitag jeweils von 7.00 Uhr bis 20.00 Uhr geöffnet. Die sechs Mitglieder der studentischen Genossenschaft nehmen die Anstrengungen des Schichtbetriebs gern in Kauf. „Wenn ich später in meinen Bewerbungen erwähne, dass ich bereits eine Unternehmensgründung gemeistert habe, dürften meine Chancen für einen guten Job kräftig steigen“, glaubt Mike Marschke.

Wilko Döll

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