Brandenburg: Ein Wahrzeichen Berlins bröckelt vor sich hin
Die Turmruine der Gedächtniskirche ist in Gefahr. Drei Millionen Euro sind zur Sanierung nötig
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Berlin - Die Turmruine der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche muss dringend saniert werden. Durch Regen, Eis und Umweltverschmutzung sind die Fugen zwischen den Steinquadern ausgewaschen, das Gebälk morsch und das Rohrsystem völlig verrostet. Es bestehe noch keine Gefahr, dass Steine herabfallen. „Aber vor dem nächsten Winter sollten wir etwas tun“, sagt Wolfgang Kuhla, der Vorsitzende des Gemeindekirchenrats. Man sei froh, dass der Winter so mild war und die Lücken zwischen den Tuff- und Sandsteinen durch Eis und Schnee nicht weiter ausgehöhlt wurden. Der Bedarf für die Generalsanierung des 68 Meter hohen Turms wird auf mindestens drei Millionen Euro geschätzt.
Dass die Turmuhren seit Monaten falsch ticken, sei das kleinste Problem, sagt Generalsuperintendent Martin-Michael Passauer, der stellvertretende Vorsitzende der Stiftung der Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche. Dem Land Berlin gehören die Grundstücke, auf dem die Gedächtniskirche steht, der Stiftung gehören die Kirchengebäude, sie ist für deren Instandhaltung zuständig. Der Zustand des Turms sei so katastrophal, dass man niemanden mehr dort hinein führen könne, sagt ein Mitglied des Gemeindekirchenrats.
„Wir waren erschrocken, als wir das Gutachten des Architekten gelesen haben, das der Gemeindekirchenrat in Auftrag gegeben hatte“, sagt Matthias Hoffmann-Tauschwitz, der Leiter des Bauamts der evangelischen Landeskirche. Es handle sich schon um eine große Sache. Momentan prüfe man, ob sich die Lage wirklich so dramatisch darstelle wie in dem Gutachten beschrieben. Wann die Sanierungsarbeiten beginnen sollen, ist noch nicht klar.
Denn das große Problem besteht darin, dass weder die Stiftung der Gedächtniskirche noch die Gemeinde die nötigen drei Millionen Euro aufbringen können, sagt Wolfgang Kuhla vom Gemeindekirchenrat. Man sei völlig auf die Hilfe von Sponsoren angewiesen.
Vor einem guten Jahr waren die Waben am Oktogon des neuen Baus der Gedächtniskirche saniert worden. Die 800 000 Euro dafür wurden vor allem mit Werbeeinnahmen und Spenden der Firma Wall aufgebracht. Vor 25 Jahren wurde die Turmruine zum letzten Mal instand gesetzt. Damals betrugen die Kosten vier Millionen Mark. Die Hälfte zahlte das Land Berlin, 900 000 Mark steuerte die Klassenlotterie bei, 150 000 Mark die evangelische Landeskirche, 100 000 Mark die Gemeinde der Gedächtniskirche. Die Arbeiten dauerten 15 Monaten.
Dass die Landeskirche diesmal wieder Geld zuschießt, erwarten der Gemeindekirchenrat und die Stiftung nicht. „Die Landeskirche hat so vielfältige Aufgaben und die Gedächtniskirche, das Wahrzeichen der Stadt, hat wohl noch am ehesten die Möglichkeit, Spendengelder aufzutreiben“, sagt Wolfgang Kuhla.
Monika Thiemen (SPD), Bezirksbürgermeisterin von Charlottenburg-Wilmersdorf, schließt aus, dass der Bezirk Gelder zuschießen wird. „Dafür ist unser Instandhaltungsstau im Bezirk zu hoch.“ Sie rät der Gemeinde, sich an die Stiftung Denkmalschutz zu wenden, so wie es der Bezirk auch beim Charlottenburger Tor gemacht habe. „Natürlich ist die Gedächtniskirche ein wichtiges Wahrzeichen unserer Stadt“, sagt die Sprecherin von Stadtentwicklungssenatorin Ingeborg Junge-Reyer (SPD). Aber es gebe noch mehr Wahrzeichen, die saniert werden müssten. Man müsse abwägen, wo man beginnt. Sollte sich herausstellen, dass Gefahr, etwa für Fußgänger drohe, dann müsse man natürlich schnell etwas tun. Man wolle aber erstmal abwarten, bis die Gemeinde oder die Stiftung an das Land herantreten. Bisher habe man von der Problematik gar nichts gewusst.
Die Gedächtniskirche wurde 1895 im Beisein von Kaiser Wilhelm II. eingeweiht. Sie war de Gedächtnis von Kaiser Wilhelm I. gewidmet. In der Nacht vom 22. auf den 23. November 1943 wurde sie durch Bombenangriffe zerstört. Nach dem Krieg einigte man sich, die Ruine als Symbol für das kriegszerstörte Berlin zu erhalten. Claudia Keller
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