Brandenburg: „Eine verdammt bittere Pille“
Paul-Peter Humpert, Geschäftsführer des Landkreistages Brandenburg, über die Folgen des Tarifabschlusses im öffentlichen Dienst
Stand:
Herr Humpert, wie bewerten Sie den Tarifabschluss im öffentlichen Dienst?
Es gibt zwei Nachrichten: Zum Einen die gute, dass ein flächendeckender Streik bei den Kommunen und beim Bund abgewendet worden ist. Aber zum anderen auch die, dass gerade die kommunalen Arbeitgeber einen sehr, sehr hohen Preis dafür bezahlen müssen.
Was kostet der Tarif-Abschluss Brandenburgs Städte, Gemeinden, kreisfreie Städte und Landkreise?
Pro Jahr nach ersten Berechnungen für die gesamte kommunale Familie Brandenburgs: 100 Millionen bis 120 Millionen Euro zusätzlich im Jahr.
Ist das als Preis dafür, dass nicht gestreikt wird, zu hoch?
Das können wir so noch nicht sagen, das müssen wir im Detail sehen – fest steht aber schon nach ersten Berechnungen, dass die Erhöhung um durchschnittlich acht Prozent in zwei Jahren eine verdammt bittere Pille ist.
Verdi hat sich ja mit den acht Prozent mehr im Wesentlichen durchgesetzt – was bleibt als Erfolg für die kommunalen Arbeitgeber, die neben dem Bund am Verhandlungstisch saßen, zu vermelden?
So betrachtet hat sich Verdi wohl im Wesentlichen durchgesetzt. Wir haben aber immerhin verhindert, dass es zu einem flächendeckenden Streik kommt. Aber: Die Kompensation für die Tarifsteigerungen findet mit der Mehrarbeit im Wesentlichen in den alten Bundesländern statt; im Osten bleibt es ja bei der 40-Stunden-Woche. So gesehen ist der Preis, den unsere Landkreise dafür zahlen müssen, dass in Nordrhein-Westfalen die Beschäftigten sechs Minuten am Tag mehr arbeiten, grenzwertig bis problematisch.
Viele Kreise Brandenburgs wären – wenn Kommunen pleitegehen könnten – insolvent; können die sich den Abschluss überhaupt leisten?
Vor dem Hintergrund, dass zehn Landkreise keine ausgeglichenen Haushalte haben, mit Haushaltssicherungskonzepten arbeiten, Verbindlichkeiten von 320 Millionen Euro vor sich herschieben und überhaupt nur arbeiten können, weil sie Kassenkredite von etwa 200 Millionen Euro aufgenommen haben: Eigentlich nicht. Es wird daher in der Folge dieses Abschlusses sicherlich zu einem steigenden Privatisierungsdruck auch bei kommunalen Dienstleistungen und zum Personalabbau kommen. Das ist dann der Preis, den Verdi nachträglich zu zahlen hätte. Und: Es wird zur Verteuerung von kommunalen Dienstleistungen kommen – ob nun beim Müll oder in anderen Bereichen. Das ist der Preis, den die Bürger zu zahlen hätten.
Die Frage stellte Peter Tiede
Paul-Peter Humpert ist Geschäftsführer des Landkreistages Brandenburg,
dem Zusammenschluss der
14 Landkreise
des Landes.
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