Brandenburg: Einhundert Millionen mehr für Hochschulen
SPD und Linke einigen sich in Koalitionsverhandlungen auf Aufstockung des Wissenschaftsetats. „Schulzentren“ sollen erlaubt sein
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Potsdam - Brandenburgs künftige rot-rote Regierungskoalition will die Ausgaben für die unterfinanzierten Hochschulen des Landes erhöhen. Nach PNN-Informationen haben sich SPD und Linke in den laufenden Koalitionsverhandlungen für das rot-rote Bündnis inzwischen auch darauf geeinigt, bis 2019 insgesamt einhundert Millionen Euro zusätzlich in die unterfinanzierten Universitäten und Fachhochschulen zu geben. Die Hochschulausgaben von derzeit rund 310 Millionen Euro sollen demnach bis 2019 Jahr für Jahr kontinuierlich um sechs bis sieben Millionen Euro erhöht werden, sodass sie zum Ende der Legislaturperiode etwa 30 bis 35 Millionen Euro über dem jetzigen Niveau liegen würden. Davon finanziert werden soll auch der von der Wirtschaft und von Rot-Rot für nötig gehaltene Ausbau von dualen Studiengängen, als Angebot für Lehrlinge in Unternehmen, damit sie gleichzeitig zu ihrer Lehre studieren können.
Zuvor hatten SPD und Linke (PNN berichteten) bereits ausgehandelt, 4300 Lehrer – 700 mehr als bis 2019 in Pension gehen – neu einzustellen und den Betreuungsschlüssel in den Kitas des Landes zu verbessern. Und zwar für die Kinderkrippen, wo eine Erzieherin künftig fünf Ein- bis Dreijährige betreuen soll. Derzeit sind es sechs. In den Kindergärten soll der Schlüssel so verbessert werden, dass eine Erzieherin künftig elf Drei- bis Sechsjährige betreut, bisher sind es zwölf. Der Personalschlüssel gehört bisher zu den bundesweit schlechtesten.
Die bislang nicht bekannte rot-rote Einigung in der Wissenschaft war ebenfalls in der zweiten Verhandlungsrunde am Dienstag erzielt worden, die bis in den späten Abend ging. Die Sitzung musste mehrfach für fachliche Klärungen unterbrochen werden. Bei den Hochschulausgaben gehört Brandenburg, trotz erster Kurskorrekturen seit 2009, zu den Schlusslichtern in Deutschland. In Brandenburg gibt es drei klassische Universitäten, fünf Fachhochschulen und die aus der Hochschule für Film und Fernsehen jüngst gebildete Filmuniversität, an denen rund 50 000 Studenten ausgebildet werden. Gemessen am 10-Milliarden-Haushalt ist der Anteil der Hochschulausgaben gering.
Vor der jetzigen Landtagswahl hatte die SPD im Wahlprogramm Mehrausgaben für die Hochschulen in Höhe von 75 Millionen Euro versprochen, die Linken wollten mehr. Hochschulen hatten im Vorfeld allerdings eine stärkere Erhöhung gefördert. So verlangt die Landesrektorenkonferenz eine Aufstockung der Mittel um jährlich 50 Millionen Euro, damit Brandenburg zu anderen Bundesländern aufschließen kann. Und eine Expertenkommission unter Vorsitz des brandenburgischen Ex-Wissenschaftsstaatssekretärs Friedrich Buttler hatte in einem Gutachten für das Wissenschaftsministerium 2012 als Minimum eine jährliche Etaterhöhung um 23 Millionen empfohlen. „Vom ohnehin geringen Bruttoinlandsprodukt des Landes gibt Brandenburg im Ländervergleich den geringsten Anteil für Hochschulen aus“, lautete der Befund 2012, an dem sich seitdem nichts grundsätzlich geändert hat.
Im Bildungssystem sieht die Einigung so aus, dass es keine Strukturreform gibt, keine landesweite Einführung einer Gemeinschaftsschule oder ein Antasten der Gymnasien, worauf die SPD pochte. Zugleich soll, wo es vor Ort von Eltern, Schülern und Kommunen, gewünscht ist, „längeres gemeinsames Lernen“ ermöglicht oder legalisiert werden. Hier kommt die SPD den Linken entgegen. In den einwohnerschwachen Randregionen gibt es unter Druck des Kindermangels solche Bestrebungen. Ermöglicht werden sollen „Schulzentren“, wenn Grund- und Oberschulen, die in einem Gebäude sind, sich vereinigen wollen, oder auch aus Oberschulen und Oberstufenzentren, womit es als Angebot eine durchgehende Schullaufbahn von der ersten bis zur 13.Klasse geben würde. Außerdem sollen die existierenden, stark nachgefragten Gesamtschulen mit gymnasialer Oberstufe gestärkt werden. Die künftigen Koalitionäre versprechen sich davon auch Effekte gegen den Unterrichtsausfall.
nbsp;Thorsten Metzner
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