Brandenburg: Eltern gegen Stundenausfall
Landeselternrat fordert höhere Vertretungsreserve / Regierung zieht positive Bilanz der Bildungspolitik
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Potsdam - Unter Brandenburgs Eltern wächst die Unzufriedenheit mit der Bildungspolitik der Landesregierung von SPD und CDU. Der Landeselternrat macht jetzt mobil gegen den Unterrichtsausfall. Um die dringendsten Probleme an den Schulen zu beseitigen, müsse die Vertretungsreserve von drei auf sechs Prozent des Stundensolls verdoppelt werden, forderte der Landeselternrat am Donnerstag. Im Landtag rechnete die oppositionelle Linksfraktion derweil mit der Bildungspolitik der Regierung ab. Die Koalition verschenke die Möglichkeit, den Schülerrückgang als Chance für mehr Qualität zu nutzen, hieß es. Dagegen sehen Bildungsminister Holger Rupprecht (SPD) und Hochschulministerin Johanna Wanka (CDU) Brandenburg auf einem guten Weg.
„Unterrichtsausfall beschäftigt Eltern in Brandenburg an allen Schulen und in allen Schuljahren“, sagte die Vorsitzende des Landeselternrates, Petra Brückner, nach einem Treffen mit Rupprecht am Vortag. „Durch die zu niedrig angesetzte Vertretungsreserve kommt es an unseren Schulen immer wieder zu dramatischen Situationen, in denen Unterricht in Größenordnungen ausfallen muss oder durch Methoden vertreten wird, die von Eltern nicht als fachgerecht betrachtet werden.“ In hartem Gegensatz zu diesem täglichen Erleben der Schüler und der Eltern stünden die Aussagen der Vertretungsstatistik, die den Ausfall auf durchschnittlich 2,3 Prozent des Stundensolls beziffern.
„Wir fordern die verpflichtende Aufnahme von Förder- und Teilungsstunden in die Stundentafel“, sagte Brückner. „Weg mit der Praxis, grundsätzlich die schwächsten Schüler als erste für die mangelhafte Ausstattung der Schulen bezahlen zu lassen!“ Hier gehe es um Bildungsgerechtigkeit. Dafür müsse mehr Geld ins System gegeben werden. „Es reicht den Eltern in Brandenburg nicht mehr aus, dass das Bildungsministerium unser Anliegen versteht und sich bemühen wird, sich in den nächsten Haushaltsverhandlungen für eine Besserstellung der Schulausstattung einzusetzen.“ Die Bildungsexpertin der Linksfraktion, Gerrit Große, forderte klare Aussagen, wie die Regierung die Mittel aus dem Konjunkturpaket des Bundes für eine bessere Bildung einsetzen wolle. Stattdessen gebe es nur Eigenlob. Seit 1999 seien 374 Schulen öffentlicher Träger geschlossen worden. Kein anderes Bundesland habe ein so stark ausgedünntes Schulnetz. Seit 2004 seien zudem mehr als 4700 Vollzeit- Lehrerstellen abgebaut worden.
Rupprecht zog dagegen ein positives Fazit. Das Schulsterben sei weitgehend beendet, sagte er. Die Zahl der Schüler habe sich seit 1990 halbiert. „Unsere Schulstruktur ist gut und zukunftsfähig.“ Die Ergebnisse der Schulleistungsstudien aus dem letzten Jahr hätten bewiesen, dass das Land auf einem guten Weg sei.
Wanka verwies auf einen gelungenen Aufbau des Hochschulnetzes. Der Zulauf sei so gut, dass die Zahl der Studierenden in den nächsten Jahren begrenzt werden müsse. Die SPD-Bildungsexpertin Klara Geywitz sprach von einer gewachsenen Bildungsgerechtigkeit. Der letzte DDR- Jahrgang beim Abitur habe 1992 rund 6300 Schüler umfasst. 2008 seien es bei halbierter Schülerzahl 12 000 Abiturienten gewesen.
Der bildungspolitische Sprecher der CDU, Ingo Senftleben, forderte weitere Maßnahmen zum Erhalt von Schulen. Ohne einzügige Schulen, also mit nur einer Klasse pro Jahrgang, werde das bestehende Schulnetz an einigen Orten nicht zu erhalten sein. Dazu müsse eine Entfernungsbegrenzung für Schulwege kommen. Matthias Benirschke
Matthias Benirschke
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