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Vor dem Abriss. Der Dorfkonsum in Spremberg-Weskow.

© Michael Urban/ddp

Brandenburg: Ende einer Provinzposse in der Lausitz

Nach jahrelangem Widerstand wird der alte Dorfkonsum von Weskow abgerissen

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Spremberg - Mario Manteufel winkt das letzte Mal vom Balkon seines Hauses. Seine Frau Christina bringt noch eine Umzugskiste zum Lkw. „Aus und endlich vorbei“, sagt die Konsumbesitzerin aus dem Spremberger Ortsteil Weskow ernüchtert.

Nach einem jahrelangen und nervenaufreibenden Gerichtsstreit hat die dreiköpfige Familie am Dienstag das Gebäude mit dem alten Dorfkonsum und der später aufgesetzten Einliegerwohnung freiwillig geräumt. Eine Mietwohnung im südlich von Cottbus gelegenen Spremberg wird für die nächste Zeit ihr Domizil.

„Jetzt kann der Bagger kommen, und der Nachbar kann sich endlich freuen“, frotzelt Mario Manteufel in der Abschiedsstunde. Wenig spektakulär verläuft der letzte Akt im Drama um den alten Dorfkonsum. „Das traurigste Bild unserer 500-jährigen Dorfgeschichte wird den rund 900 Einwohnern sicher noch lange in Erinnerung bleiben“, sagt die Sprecherin der Spremberger Bürgerinitiative, Heidemarie Hiller. Bis zuletzt hatten die Mitglieder der Initiative mit Spruchbändern und rund 2000 Unterschriften, die sie dem Kreistag Spree-Neiße übergaben, doch noch eine Wende gefordert. Doch alles war umsonst.

Über 15 Jahre hatte sich der Streit über den Abriss des alten Dorfkonsums hingezogen. Nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Cottbus aus dem Jahr 1999 müssen Laden und Wohnhaus abgerissen werden. Der Nachbar hatte gegen die um etwa 50 Zentimeter zu geringe Abstandsfläche des Spitzdachs der Einliegerwohnung geklagt und recht bekommen. Die Familie Manteufel verwies dagegen auf eine fehlerhaft erteilte Baugenehmigung der Kreisbehörde und forderte angemessenen Schadenersatz. In letzter Instanz hatte im Februar 2010 das Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg den Landkreis zum Abriss des Hauses verpflichtet.

„Wir müssen die gerichtlichen Entscheidungen zum Abriss des gesamten Gebäudes akzeptieren“, sagt am Dienstag Spree-Neiße-Landrat Harald Altekrüger (CDU). Der „geordnete Rückbau“ des Hauses sei der Familie schon längere Zeit vorher angekündigt worden. Noch am Dienstag wollte eine sächsische Abbruchfirma mit der Aufstellung eines Bauzauns beginnen. „Mit dem Abbruch ohne Abrissbirne wird am Mittwoch oder Donnerstag begonnen“, kündigte der Landrat an. In etwa zehn Tagen sei alles vorbei. An den alten Dorfkonsum erinnere dann nur noch eine freie Fläche.

„Nach dem freiwilligen Auszug der Familie Manteufel aus dem Haus ist der Kreisbehörde die drastische Maßnahme einer Zwangsräumung erspart geblieben“, sagt Altekrüger. Zuvor sei eine schriftliche Vereinbarung mit der Familie abgeschlossen worden. Darin habe die Kreisverwaltung die Übernahme der Mietkosten für eine Wohnung in Spremberg für die Dauer von drei Jahren sowie die Umzugs- und Abrisskosten in Höhe von 25 000 Euro zugesagt. Auch die Schadenersatzforderungen sollen der Familie nicht verloren gehen.

Sie müsse jetzt auf schnellstem Wege den Schaden mit einer sogenannten Zahlungsklage gegenüber dem Landkreis Spree-Neiße geltend machen, sagt der Landrat. „Wir schätzen den Schaden auf etwa 200 000 bis 250 000 Euro“, sagt Konsumbesitzerin Christina Manteufel. Hinzu kämen noch die Anwaltskosten.

Die Ansprüche regele der Kommunale Schadensausgleich (KSA), kündigte der Landrat an. Allerdings fließe erst Geld für die Familie, wenn die Gutachter den tatsächlichen Schaden bis zum damals erteilten Baustopp ermittelt haben. „Die Summe könnte vielleicht für den Bau eines neuen Hauses reichen“, hofft Mario Manteufel. Ob in dem Neubau wieder ein Dorfkonsum entstehen wird, ist aber fraglich. Britta Beyer

Britta Beyer

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