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Brandenburg: Ende eines Kreuzberger Wohnprojektes: Yorckstraße 59 geräumt

Aus nach fast 17 Jahren wegen Streit mit dem Vermieter / Befürchtete Krawalle blieben aus

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Aus nach fast 17 Jahren wegen Streit mit dem Vermieter / Befürchtete Krawalle blieben aus Von Mirko Hertrich Berlin - Die Polizei hat am Montagmorgen das alternative Wohnprojekt Yorckstraße 59 in Kreuzberg geräumt. In dem Haus hätten die Beamte rund 150 Personen angetroffen, die bis etwa 11.00 Uhr teils unter Zwang aus dem Gebäude geführt worden seien, sagte ein Polizeisprecher. Dabei sei es nicht zu Eskalationen gekommen. Nach Angaben der Mieter wohnten in dem Gebäude rund 60 Personen. Hintergrund der Räumung des im Dezember 1988 gegründeten Wohnprojekts war ein Streit mit dem Vermieter. Die Bewohner wollten eine Mieterhöhung nicht akzeptieren, woraufhin der Mietvertrag auslief. Verhandlungen über ein Ersatzobjekt scheiterten. Der Räumungstermin war wegen befürchteter Ausschreitungen mehrfach verschoben worden. Rund 700 Menschen aus dem linken Spektrum haben am Abend gegen die Räumung demonstriert. Mit Parolen wie „Eigentum ist Gewalt“ und „Die Häuser denen, die drin wohnen“ startete der Protestzug um 18.55 Uhr friedlich am Mehringdamm. Beamte hatten am Montagmorgen mit Hämmern und Metallsägen die verbarrikadierte Toreinfahrt freigeräumt und waren in das Hinterhaus eingedrungen. Vor dem Gebäude hatten sich zuvor laut Polizei etwa 150 Demonstranten zu einer Sitzblockade versammelt, die ab 4.50 Uhr aufgelöst wurde. Während der Räumung war die Yorckstraße weiträumig gesperrt. Hierdurch kam es zu Verkehrsbehinderungen. Laut Polizei wurden die Festgenommenen nach einer erkennungsdienstlichen Behandlung alle wieder auf freien Fuß gesetzt. Zwei Teilnehmer der Sitzblockade hätten ärztlich behandelt werden müssen, sagte der Sprecher. Der Kreuzberger Grünen-Bundestagsabgeordnete Hans-Christian Ströbele kritisierte den Einsatz als „überflüssig und falsch“. Mit zwei bis drei Wochen mehr Zeit hätte eine einvernehmliche Lösung gefunden werden können, da sich die Mieter mittlerweile kompromissbereit gezeigt hätten. Der PDS-Innenexperte Steffen Zillich sagte, das Aus für das Wohnprojekt sei ein Verlust für den Bezirk. Die Politik habe bei dem bestehenden Rechtstitel des Hausbesitzers aber nur wenig zeitlichen Spielraum gehabt. Durch eine angebotene Zwischenlösung hätten die Bewohner aber die Möglichkeit gehabt, mögliche Ersatzobjekte vor dem Kauf zu prüfen und die notwendigen Gutachten erstellen zu lassen. Das Liegenschaftsamt hatte den Bewohnern nach deren Angaben am Freitag drei Häuser zum Kauf vorgeschlagen. Im Gegenzug hätten sie die Yorckstraße 59 binnen zwei Wochen räumen müssen. Die angebotenen Objekte seien aber stark sanierungsbedürftig und der Zeitrahmen zu knapp gewesen, betonte eine Sprecherin des Wohnprojekts. Zudem hätten keine Angaben über den Kaufpreis vorgelegen. Offenbar im Zusammenhang mit der Räumung hatten Unbekannte am frühen Montagmorgen das PDS-Büro in Berlin-Mitte mit Pflastersteinen beworfen. Die Täter sprühten zudem auf die Gebäudewand einen sechs Meter langen Schriftzug „Rache für die Yorck“. Darüber hinaus warfen Vermummte ungefähr zur selben Zeit die Scheiben zweier Autohäuser in Berlin-Kreuzberg ein.

Mirko Hertrich

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