Brandenburg: Enteignungsbereit
Wassim Saab hat eine Straße gekauft. Nun hat er einen ungewöhnlichen Antrag gestellt
Stand:
Beetzsee - Dass Wassim Saab ein Schlitzohr ist, hat er bereits bewiesen. Mit dem Kauf einer Straße via Internet für ganze 1 000 Euro übertölpelte der Libanese aus Berlin vor einem Jahr die Bauverwaltung des Amtes Beetzsee in der Nähe von Brandenburg/Havel. Um nun auch die Früchte in Form zählbaren Geldes ernten zu können und Gewinn zu machen, greift der 72-Jährige erneut in die Trickkiste und stellt die Verwaltung vor neuerliche Probleme. „Ich möchte, dass man mir die Straße wegnimmt und mich entschädigt. Über meinen Anwalt habe ich deshalb einen Antrag auf Enteignung gestellt“, erklärt Saab sein ungewöhnliches Begehren.
Zugleich sieht er mit seinem Antrag auch eine große Chance für das Amt Beetzsee. „Wenn ich enteignet werde, muss das Land Brandenburg zahlen und die Gemeinde ist raus aus der Sache, glaubt Saab, der eine möglichst hohe Summe für die 5 200 Quadratmeter Straßenland in einer Eigenheimsiedlung im Ortsteil Briest haben will.
Ein Sprecher des Innenministeriums in Potsdam, der den Eingang des Antrags bestätigt, nennt Saabs Ersuchen um Enteignung einen bislang noch nicht da gewesenen Fall. „Das gab es noch nie, dass sich jemand aus freien Stücken enteignen lassen will. Normalerweise geht das in die andere Richtung, wenn der Staat Land für ein Projekt braucht“, sagt der Sprecher.
Wie mit dem Antrag nun zu verfahren sei, darüber scheint man sich im Ministerium keineswegs sicher zu sein. „Derzeit werden noch die Formalien des Antrags geprüft“, sagt der Sprecher. Eine Voraussetzung für dessen Zulässigkeit sei, dass Verhandlungen zwischen Saab und der Gemeinde über den Rückkauf gescheitert seien. „Hier haben wir Zweifel, dass die Verhandlungen in ausreichender Form und abschließend stattgefunden haben“, sagt der Sprecher.
Dass er diese Voraussetzung erfüllt hat, davon ist Saab seinerseits überzeugt. Er sagt, er habe mit dem Amt Beetzsee verhandelt und das mehr als erfolglos. „Das Angebot, dass man mir für die Straße gemacht hat, lag ganz klar außerhalb alles akzeptierbarem. Ich bin nun gezwungen, mich enteignen zu lassen“, sagt Saab.
Bei der Verwaltung des Amtes Beetzsee, wo man seit dem Straßenverkauf den Ruf von Schildbürgern inne hat, will man sich nicht mehr äußern. Man wisse „von rein gar nichts“, sagt eine Sprecherin der Bauverwaltung.
Bis die Angelegenheit entschieden ist, dürfte indes noch viel Zeit ins Land gehen. Laut Innenministerium nimmt allein die formale Prüfung des Antrags voraussichtlich noch mehrere Wochen in Anspruch.
Ungeduldig ist Saab, der den Antrag nach eigenen Angaben schon vor Monaten gestellt hat, noch nicht. „Man kennt das ja von Behörden. Die arbeiten oft sehr langsam“, sagt der in seiner beruflichen Zeit unter anderem für den Berliner Senat tätige Übersetzer. Zudem habe er sich von Beginn an auf eine längere Wartezeit und den zeitraubenden Weg durch die gerichtlichen Instanzen eingestellt. „Ich habe es nicht eilig. Und wenn es länger dauert, haben meine Kinder mit Sicherheit etwas davon“, sagt Saab.
Seine Straße und deren Anwohner hat er seit dem vergangenen Herbst nicht mehr gesehen. „Warum auch“, sagt Saab und verweist auf den tadellosen Zustand, in dem sich die Straße seiner Meinung nach befindet. „Das ist alles grundsolide gebaut. Da muss ich mir keine Sorgen machen“, sagt er mit einem Augenzwinkern. Michael Klug
Michael Klug
- showPaywall:
- false
- isSubscriber:
- false
- isPaid: