Brandenburg: „Er will es nochmal allen zeigen“
Schönbohm wird heute 66, ist aktiv wie nie – weil er 2004 Regierungschef werden möchte?
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Schönbohm wird heute 66, ist aktiv wie nie – weil er 2004 Regierungschef werden möchte? Von Michael Mara Potsdam. Was will Jörg Schönbohm? Diese Frage stellen sich derzeit Strategen in SPD und PDS, aber sie wird auch in der Union erörtert. Denn der CDU-Landeschef und Innenminister strahlt vor der Kommunalwahl im Oktober Energie und Kampfeslust wie in seinen besten Zeiten aus. In der SPD ist man genervt von seiner Omnipräsenz und seinem „Dauer-Wahlkampf“. Am Wochenende überraschte er mit der Kampfansage, dass die CDU die SPD bei der Landtagswahl 2004 als stärkste Partei ablösen und „den sozialdemokratischen Mehltau“ im Land vertreiben wolle. Will der Ex-General, der heute 66 wird, Ministerpräsident werden? Für den PDS-Analytiker Heinz Vietze ist die Sache klar: „Er agiert wie jemand, der Ministerpräsident werden will, der den festen Willen hat, es allen zu zeigen.“ Diese Chance habe er „nur einmal in seinem Leben, nämlich jetzt“. Seine Kampfansage sei realistisch. Nicht nur wegen des Bundestrends: Die Union liegt erstmals seit 13 Jahren mit der SPD gleichauf. Sondern auch, weil die verunsicherte SPD unter Regierungschef Matthias Platzeck „momentan nicht in der Lage ist, Schönbohm in die Schranken zu weisen.“ Der spiele nicht nur die Rolle des Landesvaters, sondern habe ein Macher-Image, seit er die unpopuläre Gemeinde- und Polizeireform trotz Widerstand eisern durchgezogen habe. Man traue ihm, so der PDS-Politiker, mehr Durchsetzungskraft zu als Platzeck. SPD-Landesgeschäftsführer Klaus Ness sieht die Gefahr nicht: Schönbohm komme bei den Brandenburgern nicht an. Er werde zwar als Innenminister akzeptiert, doch empfänden viele Märker „einen Ministerpräsidenten Schönbohm als Bedrohung“. Sie wollten ihn nicht als Regierungschef, weil er „kulturell in Ostdeutschland nicht angekommen“ sei, weil er die Empfindungen der Ex-DDR-Bürger nicht aufnehme, autoritär wirke. Ness wörtlich: „Ich weiß nicht, woher er den Mut nimmt.“ Der SPD-Politiker vermutet, dass Schönbohm darunter leide, wichtige Lebensziele nicht erreicht zu haben. „In Berlin wollte er Regierender Bürgermeister werden, dann unter Stoiber Bundesverteidigungsminister.“ Jetzt führe er seine letzte Schlacht – die er „stehend verlieren“ werde. Allerdings hat der Ex-General bewiesen, dass er selbst aussichtslos erscheinende Schlachten gewinnen kann: Als er nach Brandenburg kam, lag die zerstrittene CDU bei 15 Prozent, regierte die SPD mit absoluter Mehrheit. Niemand hätte 1998 geglaubt, dass Schönbohm es schaffen würde, sie in die Regierung zu bringen. „Wer hätte es Böhmer in Sachsen-Anhalt zugetraut, dass er es schaukelt“, zieht CDU-Partei-Vize Sven Petke eine Parallele. Natürlich wolle es Schönbohm „noch einmal wissen“, deshalb mache er „keinen Wahlkampf im dritten Gang, sondern fahre den Motor hoch“, wobei er Platzeck schone. Während Ness glaubt, dass Schönbohms Provokationen – wie jüngst gegen Wowereit – dem CDU-Chef schaden, meine andere, dass er mit seinen konservativen Ansichten zum Beispiel gegen die Homo-Ehe im Lande eher punkte. Auch Sozialdemokraten befürchten inzwischen, dass die CDU bei den Kommunalwahlen auf Kosten der SPD zulegen werde – der Test für die Landtagswahl. Während man sich in der SPD schon mit dem Notszenario befasst, bei einer Niederlage 2004 notfalls mit der PDS zu koalieren, weil man nicht Schönbohms Juniorpartner werden könne, warnt der taktisch geschickt schon jetzt vor einer „Koalition der Verlierer“. Sie wäre auch für die PDS problematisch, sagt Vietze.
Michael Mara
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