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Brandenburg: Erfolglose Suche nach vermutetem KZ-Massengrab
Suche nach NS-Opfern in Jamlitz wurde nach drei Wochen eingestellt / Keine sterblichen Überreste gefunden
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Jamlitz - Die Rasenfläche ist aufgewühlt, ein enges Raster von Gräben durchzieht die umzäunte Wiese. In den flachen Grabungsschnitten neben einem alten Haus und einem Holzschuppen liegen gelbe Markierungen mit Nummern bis 374 – so viele archäologischen Befunde hat das Grabungsteam entdeckt. Die auch von jüdischen Organisationen in Deutschland und im Ausland mit Spannung verfolgte Suche nach den Gebeinen von 753 jüdischen KZ-Opfern im südbrandenburgischen Dorf Jamlitz ist beendet. Doch der erwartete Erfolg blieb aus: Menschliche Überreste und damit auch das gesuchte Massengrab seien nach neuesten Erkenntnissen nicht gefunden worden, teilte das Innenministerium am Mittwoch in Potsdam mit.
Drei Wochen lang hatten vier Denkmalpfleger und Archäologen des Landesamtes für Denkmalpflege nach dem wohl bundesweit größten Massengrab jüdischer Opfer einstiger KZ-Außenlager gesucht. Was genau auf der 5000 Quadratmeter großen „Hauptverdachtsfläche“ gefunden wurde, will das Innenministerium erst in den nächsten Tagen bekanntgeben. „Zuvor müssen die Befunde gründlich ausgewertet werden“, sagte Ministeriumssprecher Geert Piorkowski.
Auch der Zentralrat der Juden in Deutschland nahm Anteil an der Suche in Jamlitz. Der Archäologe Joachim Wacker vom Landesamt erläutert eine mit dem Zentralrat getroffene Vereinbarung, um die Totenruhe der im Boden vermuteten Opfer nicht zu stören: „Im Falle von Knochenfunden sollten diese nur soweit freigelegt werden, dass geklärt werden kann, ob es sich um menschliche Gebeine handelt.“ Im Jamlitzer Fall ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Brandenburg weiterhin wegen Mordes.
Wo sich in Jamlitz heute die aufgegrabene Wiese befindet, standen von 1943 bis 1945 Baracken des „KZ-Außenlagers Lieberose“. So lautete die offizielle Bezeichnung, weil der Bahnhof von Jamlitz damals „Staatsbahnhof Lieberose“ hieß. Etwa 8000 Häftlinge, vor allem ungarische Juden, wurden wenige Kilometer weiter zum Bau des riesigen Truppenübungsplatzes Lieberose gezwungen. Die Nationalsozialisten schafften die Gefangenen mit Zügen in mehreren Wellen aus dem Vernichtungslager Auschwitz-Birkenau zur Sklavenarbeit nach Jamlitz.
Unvorstellbares Leid spielte sich ab, als die SS im kalten Februar 1945 das Lager vor der anrückenden Roten Armee räumte. Etwa 1500 Häftlinge schickte die SS auf einen Todesmarsch, doch die Kranken wurden erschossen. Bei zwei Mordaktionen starben 1342 Gefangene. Fast die Hälfte der Leichen konnte später in der Nähe entdeckt worden, doch die anderen Opfer blieben bisher verschollen. Eine schlichte Gedenkstätte mit Fotos und Texten auf grünen Glasstelen erinnert in Jamlitz neben der Grabungsfläche an die unheilvolle Geschichte dieses Ortes.
Anlass für die Grabungen auf der „Hauptverdachtsfläche“ war ein Gutachten der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten von 2006. Doch der damalige Grundstückseigentümer wehrte sich lange. Erst im vergangenen Herbst konnte vor dem Brandenburger Oberverwaltungsgericht eine Einigung erzielt werden. Jetzt gehört das Grundstück dem Amt Lieberose/Oberspreewald.
Aus Erzählungen älterer Leute wisse er, dass auf dem Gelände bis in die fünfziger Jahre hinein Lagerbaracken standen, berichtet ein 43-jähriger Nachbar. Ob zumindest davon Überbleibsel ausgegraben wurden, wird die Öffentlichkeit in Kürze erfahren. Peter Jähnel
Peter Jähnel
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