Von Sabine Beikler und Claudia Keller: Erzbistum Berlin befürchtet Flop beim Papstbesuch Bischöfliches Ordinariat will wegen erwarteten Zuschauermangels auf öffentliche Messe verzichten
Berlin - In der katholischen Kirche mehren sich Bedenken, Papst Benedikt XVI. könnte bei seinem Besuch in Berlin im September nächsten Jahres nicht genügend Zuschauer anlocken.
- Sabine Beikler
- Claudia Keller
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Berlin - In der katholischen Kirche mehren sich Bedenken, Papst Benedikt XVI. könnte bei seinem Besuch in Berlin im September nächsten Jahres nicht genügend Zuschauer anlocken. Die Organisatoren wollen deshalb lieber von einer großen öffentlichen Messe absehen. Auch befürchten sie, mit einer öffentlichen Messe Papstgegnern ein Forum zu geben und das Kirchenoberhaupt womöglich nicht vor unangenehmen Situationen schützen zu können. Kardinal Georg Sterzinsky bevorzuge einen Gottesdienst in der Gedenkkirche Regina Martyrum neben der Gedenkstätte Plötzensee, hieß es. Dort werden die Opfer des Nazi-Regimes geehrt, unter anderem die Widerstandskämpfer des 20. Juli 1944. Bei einem Gottesdienst in Regina Martyrum könnten nur ein paar hundert Gäste mitfeiern.
Der Papst wird als Staatsgast am 22. und 23. September in der Hauptstadt erwartet. Aus dem bischöflichen Ordinariat hieß es, es werde nicht leicht sein, an einem Arbeitstag große Massen von Menschen dazu zu bringen, eine Papstmesse zu besuchen. Johannes Paul II. hat bei seinem Berlin-Besuch 1996 eine Messe im Olympiastadion gefeiert. Die Ränge seien damals nur deshalb voll gewesen, weil so viele Polen angereist waren, um „ihren“ Papst zu erleben. Auch eine andere Szene mag dem heutigen Papst noch vor Augen stehen: Das Papamobil wurde in Berlin damals mit Tomaten beworfen. Joseph Ratzinger begleitete seinen Amtsvorgänger.
Das offizielle Berlin gibt sich derweil optimistisch: „Ich freue mich, dass der Papst Berlin besucht. Das ist ein gutes Zeichen für die Hauptstadt. Er ist hier herzlich willkommen“, sagte der Regierende Bürgermeister und Katholik Klaus Wowereit am Dienstag. Der Berliner CDU-Partei- und Fraktionschef Frank Henkel erwartet sich „Orientierung und neue Impulse für die Religion“. Berlin sei ein Ort, an dem das Religiöse immer weniger Aufmerksamkeit bekomme. Henkel, bekennender Katholik, wolle an allen öffentlichen Stationen des Papstbesuches teilnehmen. Für den Fall einer öffentlichen Messeschlage er das Tempelhofer Feld oder das Olympiastadion vor.
Die Spitzenkandidatin der Grünen für Berlin, Renate Künast, sagte, sie freue sich, wenn wichtige Persönlichkeiten wie der Papst Berlin besuchten. „Vielen Berlinerinnen und Berlinern bedeutet so ein Besuch sehr viel. Viele von uns erwarten, dass der Papst seinen Besuch mit einer Botschaft verbindet – gerade in unserer Stadt, in der so viele Kulturen und Religionen zusammenleben“, sagte Künast.
Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Markus Löning (FDP) wünscht sich vom Papst ein „klares Bekenntnis, dass jeder Mensch, egal welcher Minderheit er angehört, ein Kind Gottes ist.“ Die Kirche habe als „Global Player“ eine große Verantwortung bei der Umsetzung von Menschenrechten weltweit.
Der deutsche Lesben- und Schwulenverband kündigte Proteste an, „es sei denn, der Papst findet klare Worte, dass Homosexualität keine Sünde ist“, sagte eine Sprecherin. Sie kritisierte, dass die katholische Kirche „jahrzehntelang den sexuellen Missbrauch vertuscht hat“. Eine Zusammenkunft mit Missbrauchsopfern ist bisher nicht geplant. „Wir würden den Papst gerne treffen“, sagte Matthias Katsch von der Opfer-Initiative Eckiger Tisch, die frühere Schüler von Jesuiten-Schulen vertritt. Katsch regte außerdem an: Wenn der Bundestag den Papst empfange, dann solle er zuvor Opfer von sexuellem Missbrauch und ehemalige Heimkinder empfangen. „Das wäre ein wichtige Geste der Anerkennung.“
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