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Brandenburg: „Es ist kein Reförmchen“

Innenminister Schröter stellt Leitlinien für Kreisreform und Verwaltungsumbau Brandenburgs vor – für die CDU ist es Wahlbetrug

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Potsdam - Auftakt für die größte Reform im Land Brandenburg der kommenden Jahrzehnte: Im Landtag gab es für die von Innenminister Karl Heinz-Heinz Schröter (SPD) vorgelegten Leitlinien zur geplanten Verwaltungsstrukturreform, über die die PNN berichteten, am Dienstag nicht nur die erwartungsgemäße Zustimmung von den Regierungsfraktionen von SPD und Linken. Auch die Grünen-Opposition begrüßte die Vorlage. „Es gibt endlich mal ein klares Signal zu dem Reformprozess. Das war überfällig“, sagte die Grünen-Innenexpertin Ursula Nonnemacher. Die Details werde man sich genau anschauen.

Dagegen ist für die CDU-Fraktion, die größte Oppositionsfraktion, weiter fraglich, ob eine solche Kreisgebietsreform zum jetzigen Zeitpunkt überhaupt notwendig ist. CDU-Fraktionschef Ingo Senftleben warf SPD und Linken, die sich vor der Landtagswahl im September 2014 in ihren Wahlprogrammen zur Kreisreformfrage bedeckt gehalten hatten, „Wählertäuschung und Wahlbetrug“ vor. Senftleben prophezeite, dass SPD und Linke weder im Lande noch im Landtag für die Reform eine Mehrheit hätten.

Doch genau um die nötige breite Akzeptanz will Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) nun kämpfen, in einer „Ochsentour“. Das sagte er bei einer Pressekonferenz. Zuvor hatte er die Pläne den Regierungsfraktionen und dem Kabinett vorgestellt. „Wir sind am Beginn eines Prozesses. Wir wollen alle einladen, sich daran zu beteiligen“, sagte Schröter. Mit dem Entwurf der Leitlinien habe man eine Diskussionsgrundlage vorgelegt. Man beginne einen Diskussionsprozess zum Umbau Brandenburgs, den es in der Bundesrepublik bisher bei keiner Kreisgebietsreform gegeben habe. „Brandenburg beschreitet damit einen neuen Weg.“ Schröter betonte, dass es um grundlegende Veränderungen gehe, da es absehbar die letzte mögliche Reform der Verwaltungsgebietsstrukturen im Land sei. „Es ist kein Reförmchen mehr.“

Parallel zum Beteiligungsverfahren in der Regierung werden jetzt Verbände beteiligt. Es soll öffentliche Veranstaltungen in allen Kreisen und großen Städten geben. Wie berichtet laufen die Eckwerte darauf hinaus, dass von den 18 Kreisen und kreisfreien Städten etwa die Hälfte übrig bleibt. Die neuen Kreise sollen in der Regel mindestens 175 000 Einwohner haben, aber wegen sonst zu langer Wege nicht größer als 5000 Quadratkilometer sein. Wenn beide Werte kollidieren, sollen in absoluten Ausnahmefällen auch Kreise mit maximal 150 000 Einwohnern zulässig sein. Die künftigen Kreise werden etwa Größen haben, die von der Berliner Stadtgrenze bis in die Uckermark oder die Prignitz reichen.

In dem 37-Seiten-Papier steckt in den Details jede Menge Zündstoff. So sieht es vor, dass über die Kreisssitze der künftigen Großkreise die Bevölkerung direkt abstimmen soll. Die kreisfreien Städte Brandenburg, Cottbus und Frankfurt (Oder), die nach den Vorgaben ihre Kreisfreiheit verlieren und neuen Großkreisen einverleibt würden, wären damit entgegen den Empfehlungen der Enquete-Kommission nicht automatisch Kreisstädte. Schröter selbst sagte dazu, er erwarte, dass die Einwohner der neuen Kreise auch bei einer Volksabstimmung die größten Städte zu Kreisstädten machen würden.

Schröter und Finanzstaatssekretärin Daniela Trochowski (Linke) verwiesen darauf, dass es ein Teilentschuldungsprogramm für die mit über einer halben Milliarde Euro verschuldeten bisherigen kreisfreien Städte geben soll. Es soll aus reinen Landesmitteln und aus dem Gesamttopf für die Kommunen im Landeshaushalt gespeist werden. Geplant ist Unterstützung für alle betroffenen Landkreise. Auf konkrete Summen hat man sich noch nicht verständigt. Doch es gehe um „einige Hundert Millionen Euro“, sagte Trochowski.

Sachsen, so betonte Schröter, habe gezeigt, dass „Großzügigkeit bei der Anschubfinanzierung spätere Probleme einer Reform verringert“. Nicht weniger konfliktbeladen dürfte die geplante Verlagerung von in der Summe insgesamt 22 bisherigen Landesaufgaben auf Kreise sein – etwa die Landesforst, das Landesamt für Soziales, das Landesdenkmalamt, des Landesumweltamt. Schröter schließt nicht aus, dass protestierende Waldarbeiter mit Kettensägen in Potsdam demonstrieren werden. Als einzige Stadt wäre Potsdam – nach den Bevölkerungsrichtgrößen – von der Reform nicht betroffen. Allerdings schloss Schröter auch das nicht aus. „Vielleicht gibt es ja in der Diskussion noch Veränderungen.“

nbsp;Thorsten Metzner

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