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Von Matthias Matern: Europa übt die Rettung Zentralafrikas

Derzeit wird von Geltow aus die EU-Militärübung „Milex 2010“ geführt. Das Planspiel endet heute

Von Matthias Matern

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Geltow - In Zentralafrika wütet ein grausamer Bürgerkrieg, tausende Menschen sind auf der Flucht. Während Rebellengruppen sich blutige Kämpfe liefern, lässt die Regierung von Rhodanien seine Armee in die beiden Nachbarländer Acadien und Alisien einmarschieren, denen sie vorwirft, für die instabile Lage in der Region verantwortlich zu sein. Acadien und Alisien bitten um internationale Hilfe. Rund 6500 Kilometer entfernt in Geltow (Potsdam-Mittelmark) werden deshalb alle Systeme hochgefahren. Dort hat eines der insgesamt fünf Operativen Hauptquartiere (OHQ) der europäischen Eingreiftruppe seinen Sitz. Von hier aus soll der gesamte Einsatz geplant und gesteuert werden. Gespannt verfolgen erfahrene Militärs vor ihren Computerbildschirmen die Lage im afrikanischen Krisengebiet.

Auch wenn das geschilderte Szenario realistisch scheint, so ist es doch zumindest derzeit nur Fiktion. Seit rund zwei Wochen führt die Europäische Union ihre militärische Übung Milex 2010 durch. Schwerpunkt ist die Zusammenarbeit zwischen dem OHQ in Geltow und dem Militärischen Hauptquartier der EU im französischen Toulon, von wo aus die Einheiten der EU-Länder im Ernstfall ins Krisengebiet geschickt werden. Trainiert werden soll die optimale Planung des Einsatzes unter Einbeziehung aller relevanten Hilfsorganisationen. Die EU will nicht nur mit Bomben und Panzern die Gewalt eindämmen, sondern gleichzeitig auch der geschundenen Zivilbevölkerung helfen und den Wiederaufbau der zerstörten Infrastruktur organisieren. „Comprehensive approach“, zu deutsch vernetzte Sicherheit, wird das Zusammenwirken von militärischem und humanitärem Engagement in der militärischen Fachsprache genannt. Insgesamt 340 Soldaten aus 19 EU-Ländern nehmen an der bislang fünften Übung der sogenannten Milex-Serie teil. Am heutigen Freitag geht das Planspiel zu Ende. Verantwortlich für die Einsatzführung in Geltow ist der deutsche Konteradmiral Klaus von Dambrowski. Am gestrigen Donnerstag zog der sogenannte Operation Commander eine erste Bilanz der zweiwöchigen Übung. „Meine Analyse fällt bislang sehr positiv aus“, sagte von Dambrowski in der Henning-von Tresckow-Kaserne in Geltow ein. Allerdings habe sich auch gezeigt, dass in einigen Gebieten noch Verbesserungen erforderlich seien. So sei es eine „Herausforderung“ die unterschiedlichen Kompetenzen der einzelnen militärischen Ebenen in den EU-Ländern zu verbinden, räumte der Konteradmiral ein. Insgesamt aber habe er durch die Milex-Übung den Eindruck gewonnen, dass das Krisenmanagement der EU einer solchen Aufgabe gewachsen wäre, sagte von Dambrowski. Dabei habe sich auch der Standort Geltow als geeignet erwiesen; nicht zuletzt wegen seiner guten Infrastruktur und der Nähe zur Bundesregierung in Berlin.

1999 hatte sich die damalige rot-grüne Bundesregierung gegenüber Brüssel verpflichtet, eines der fünf Hauptquartier zur Verfügung zu stellen. Die anderen Standorte liegen in Griechenland, Frankreich, Italien und in England. Von Northwood nahe London wird derzeit etwa die EU-Mission Atalanta am Horn von Afrika im Kampf gegen die Piraterie geleitet, an der sich Deutschland derzeit unter anderem mit der Fregatte Schleswig Holstein beteiligt.

Auch der Standort in der Geltower Henning-von-Treskow Kaserne hat seine Feuertaufe als Operatives Hauptquartier der EU-Eingreiftruppe bereits erfolgreich hinter sich. Als die EU 2006 mit eigenen Kontingenten die Wahlen im Kongo absicherte, wurde der Einsatz aus der Kaserne in Potsdam-Mittelmark geführt. Seit 2001 ist dort zudem das Einsatzführungskommando der Bundeswehr untergebracht.

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